Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Mosbach, 17. Februar 1909

Mosbach b. Wutha (Kr. Eisenach.)

17.2.09.

Hochverehrte Excellenz,

als ich Ihren liebenswürdigen guten Brief erhielt, war ich ganz entsetzt, daß Ihre so grenzenlose Güte und Liebenswürdigkeit Sie noch nicht einmal in Leipzig zur Ruhe kommen ließ, um für mich tätig zu sein. Herr Geheimrat fahren extra von Jena fort, um ein paar Tage auszuruhen und unbehelligt zu sein und trotzdem machen Sie sich meinetwegen solche Mühe und schreiben mir sogar gleich noch diesen liebenswürdigen Brief. Von ganzem Herzen danke ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, für Ihre so gute, liebe Fürsorge und daß Sie sich noch weiter für mich bemühen wollen. ||

Sehr, sehr gerne würde ich nach Jena oder dessen Nähe ziehen, da ich gefunden, daß das Leben dort viel billiger kommt wie hier auf dem Dorf, weil sich hier die Lebensmittel-Preise vollständig nach dem teuren Eisenach richten und eine billige, kleine Wohnung wohl auch zu erhalten wäre. Hauptsächlich aber hätte ich doch dort die günstigste und billigste Gelegenheit, mich weiter zu bilden, durch all die Vorträge, Anschauungsmaterial und durch Zusammenkommen ab und zu mit gleichgesinnten Menschen, was ich seit Jahren in unserer Einsamkeit schmerzlich vermisse. Wenn ich nur eben etwas und wenn auch noch so wenig verdienen könnte. Es fällt ja nur so ungeheuer schwer, einen Platz im Leben zu finden, wenn man wie ich keine praktische Berufsausbildung genossen, sondern nur ernstes Streben und großen Pflichttreue in die Wagschale werfen || kann, was sich ja aber bei jedem sowieso von selbst versteht. –

Daß Sie, hochverehrter, lieber Herr Geheimrat, mir auch noch die „Vorträge“ einbinden lassen wollen, rührt mich tief und beschämt mich Ihre zarte Güte zu sehr.

Ach, hochverehrter, lieber Herr Geheimrat, bitte halten Sie es nicht für zu unbescheiden und denken Sie nicht, daß ich Ihre gütige Liebenswürdigkeit zu sehr mißbrauchen will, aber ich habe so lange schon einen so sehr großen Wunsch, den ich Ihnen mündlich mitzuteilen nicht wagte. Möchten Sie nicht so liebenswürdig sein, wenn es Ihnen nicht zu viel Umstände verursacht, mir, wenn es einmal Ihre Zeit erlaubt, „Mitrocoma Annae“ aus der Monographie der Medusen, von der ich aus Breitenbach erfahren, zum Abzeichnen senden, falls es Ihnen möglich ist? Ich verspreche Ihnen, dieselbe so schnell als möglich || vollständig unversehrt zurück zusenden.

In der Hoffnung, daß Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, gesund und wenigstens ein klein wenig ausgeruht von Leipzig zurückgekehrt sind, verbleibe ich mit aufrichtigstem Dank und herzlichen Grüßen

stets Ihre Sie hochverehrende, innig dankbare, treu ergeben

Ella v. Compton geb. Gewert.

Brief Metadaten

ID
4373
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
17.02.1909
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
11,0 x 15,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4373
Zitiervorlage
Crompton, Ella von an Haeckel, Ernst; Mosbach; 17.02.1909; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_4373