Ernst Haeckel an das Großherzogliche Staatsministerium zu Weimar, Jena, 28. März 1869

Hohes Staatsministerium!

Antrag des Directors des | zoologischen Instituts zu Jena | auf eine einmalige Geldbe-|willigung zu dessen Einrich-|tung, sowie auf eine regel-|mäßige Besoldung des dabei | angestellten Dieners.

Nachdem durch Beschluß des Hohen Staatsministeriums die bisher von Professor Pringsheim bewohnte Bel-Etage in dem botanischen Instituts-Gebäude nunmehr zur Localität für das zoologische Institut und die in diesem anzustellenden zoologischen Uebungen bestimmt worden ist, erlaube ich mir nachstehend die Anträge auf Bewilligung der Geldsumme zu stellen, welche zu dessen definitiver Einrichtung, zur Meublirung der Localitäten und zur Unterhaltung des Dieners erforderlich erscheinen. ||

I. Einmalige Ausgabe: 600 rℓ.

Wie ich bereits in meinem diesjährigen Berichte über die zoologischen Anstalten andeutete, macht sich jetzt als dringendstes Bedürfniß zunächst die Nothwendigkeit geltend, die Localitäten des zoologischen Instituts durch baldige Beschaffung des Ameublements in einen solchen Zustand zu versetzen, daß dieselben bereits im nächsten Sommer benutzt werden können. Laut dem beifolgenden Kostenanschlag des Herrn Bauinspector Spittel sind zur Beschaffung des nöthigen Mobiliars und zur Einrichtung des zoologischen Laboratoriums im Ganzen erforderlich

330 rℓ. 12 Sgr. –,

ferner zu den nothwendigen baulichen Reparaturen und Veränderungen in der bisherigen Wohnung des Professor Pringsheim

187 rℓ. 12 Sgr. 10 d.,

zum Ankauf von neuen Doppelfenstern (à 5 rℓ. 20 sgr.) für das Arbeitslocal

51 rℓ. − " − ",

und endlich zur Uebersiedlung der Instrumente und eines Theils der Sammlungen aus den bisherigen zoologischen Arbeitsräumen (im Großherzoglichen Schloße nach der neuen Localität ungefähr ||

32 rℓ. (30‒35 rℓ.).

− Demnnach in runder Summe als einmalige Ausgabe

Sechshundert Thaler

A. 330 rℓ. 12 sgr. – d

B. 187 " 12 " 10 "

C. 51 " − " − "

D. 31 " − " − "

Summa: 600 rℓ. − " − "

Ich bemerke dazu, daß auch die Kosten für die Doppelfenster (C) und für den Transport (D) von Herrn Bauinspector Spittel veranschlagt sind.

II. Regelmäßige Ausgaben: 200 rℓ.

Da der regelmäßige jährliche Etat des zoologischen Instituts, in Betrage von 200 rℓ., nur eben für die laufenden Bedürfnisse des Unterrichts ausreicht, so muß ich das Hohe Staatsministerium ersuchen, nunmehr eine regelmäßige Geldbewilligung außerdem auch für die Heizung der Arbeitsräume und für den neu anzustellenden Diener eintreten zu lassen. Die Heizungskosten wurden bisher von denjenigen Instituten bestritten, welche für die zoologischen Uebungen theilweise benutzt wurden, insbesondere von dem physiologischen und anatomischen Institute. In der neuen || Localität werden drei Räume, nämlich das Arbeitszimmer des Directors, das Uebungszimmer der Studirenden und das Zimmer des Dieners regelmäßig zu heizen, und im Winter auch theilweise zu beleuchten sein. Für die Heizung dürften 80, für die Beleuchtung 20 rℓ. erforderlich sein, zusammen Einhundert Thaler.

Was sodann zweitens den neu anzustellenden Diener der zoologischen Anstalten betrifft, so erlaube ich mir für denselben ein regelmäßiges Jahresgehalt von

Einhundert Thaler

zu beantragen. Dieser Diener wird folgende Functionen zu leisten haben: 1) die Aufsicht und Reinigung sämmtlicher Localitäten des zoologischen Instituts; 2) die Assistenz und Bedienung bei den zoologischen Uebungen und Vorlesungen; 3) die Aufsicht und Conservation des Großherzoglichen zoologischen Museum; 4) die Hilfeleistung bei Anfertigung der neuen Präparate für das zoologischen Museums (Reinigung und Verschluß der Gläser, Anfertigung der Bretter und Klötze zum Aufstellen der trockenen Präparate etc.).

Die letzten Dienste wurden bisher in sehr unvollkommener Weise von dem Museums-Schreiber Färber, die ersteren dagegen von dem Diener desjenigen Instituts geleistet, in dessen Localitäten die zoologischen || Uebungen abgehalten wurden. Was den Museums-Schreiber Färber betrifft, so muß ich das Hohe Staatsministerium bitten, denselben von sämmtlichen Dienstleistungen bei den zoologischen Anstalten zu entbinden. Wie ich bereits in früheren Jahresberichten anzudeuten mir erlaubte, ist die genannte Persönlichkeit für jene Dienstleistungen absolut untauglich. Natürlicher Mangel an Ordnungssinn ist in einem ganz merkwürdigen Grade bei dem Museums-Schreiber Färber entwickelt, und ich habe mich in den acht Jahren, während welchen er mir als einziger Beistand und Diener bei Verwaltung des zoologischen Museums zugetheilt war, ohne allen Erfolg abgemüht, ihm nur die ersten Elemente jenes Sinnes für Ordnung und Reinlichkeit beizubringen, ohne welchen eine derartige Anstalt unmöglich in dem wünschenswerthen Zustande erhalten werden kann. Außerdem hat die Schwäche seines Gesichtssinns so zugenommen, daß er schmutzige Gläser nicht von reinen unterscheiden kann, und daß ich genöthigt war, fast beim Einsetzen jedes Spiritus-Präparates das Glas vorher nochmals zu reinigen. An gutem Willen fehlte es offenbar (in den letzten Jahren wenigstens) nicht; aber die Fähigkeit mangelt gänzlich. Da nun außerdem Färber || auch als Custos am archäologischen und mineralogischen Museum angestellt ist, und auch die Aufsicht über die Schloßlocalitäten zu führen hat, so wird es das Hohe Staatsministerium gewiß gerechtfertigt finden, wenn ich die Anstellung eines besonderen Dieners, dessen Dienste ausschließlich den zoologischen Anstalten gewidmet sind, für unumgänglich nothwendig halte. Ich erlaube mir dabei das Hohe Staatsministerium auf die in meinem Jahresberichte von 1865 und in dem damit verbundenen Gesuch etc. enthaltene statistische Zusammenstellung der Dotationen anderer zoologischer Museen zu verweisen, wonach selbst an Universitäten mittleren Ranges mindestens zwei Personen (Präparator und Diener) bei dem zoologischen Museum (ganz abgesehen von dem zoologischen Institute) dem Director zur Verfügung stehen.

In Bonn erhält der Präparator 300 rℓ., der Diener 210 rℓ. Gehalt. In Göttingen beträgt das Gehalt für Präparator und Assistenten 360 rℓ. In Tübingen erhält der Präparator 600 fℓ., der Diener 175 fℓ. Gehalt, in Heidelberg der Präparator 400 fℓ. Wenn ich demnach für die Besoldung des Famulus an den hiesigen zoologischen Anstalten, welcher Präparator, Custos und Diener in einer Person ist, nur Einhun-||dert Thaler beantrage, so darf diese Summe wohl als Minimal-Gehalt angesehen werden, um so mehr, als die für diesen Dienst in Aussicht genommene Persönlichkeit zugleich ein sehr geschickter Tischler (Namens Leich) ist, von dessen Fleiß und Geschicklichkeit zugleich zu erwarten steht, daß derselbe für das zoologische Museum eine Anzahl von Arbeiten besorgen werde, welche bisher einema besonderen Tischler übertragen wurden, wie z. B. Holzklötzchen und Kästchen für die Sammlung.

Indem ich mich der frohen Hoffnung hingebe, daß das Hohe Staatsministerium diese nothwendigen Ausgaben gern bewilligen und damit die seit Jahren sehnlichst erstrebte selbstständige und unabhängige Stellung der zoologischen Unterrichts-Anstalten definitiv befestigen werde, bleibe ich in vorzüglicher Verehrung

des Hohen Staatsministeriums

Jena den 28. März 1869.

ergebenster

Professor Haeckel

Director der zoologischen Anstalten.

Brief Metadaten

ID
43329
Gattung
Briefabschrift
Empfänger
Institution an
Großherzogliches Staatsministerium zu Weimar
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
Zielort
Zielland
Deutschland
Datierung
28.03.1869
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
7
Umfang Blätter
4
Format
20,8 x 34,0 cm
Besitzende Institution
LATh-StA Gotha
Signatur
Staatsministerium, Dep. I, Loc. 6 p, Nr. 25, Bd. 1, Bl. 46r-49r
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an N.N.; Jena; 28.03.1869; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_43329