Jena 9.1.1909.
Liebste Lisi!
Zu Deinem 38. Geburtstage sende ich Dir meine herzlichsten väterlichen Glückwünsche – diesmal ganz besonders inhaltsreich, da sich an dem Himmel Eures Familien-Glückes der schöne Hoffnungs-Stern – Erfüllung eines Eurer herzlichsten Wünsche zeigt! Wir sind Beide sehr gespannt auf die weitere „Entwicklung“ und hoffen daß Alles nach Wunsch verläuft. Natürlich bewahren wir über das „holde Geheimnis“ volles Stillschweigen; die beiden alten Groß-Eltern unterhalten sich aber doch schon täglich über schöne Zukunftsbilder! ||
Über den Besuch von Hans und Else am 6.1. haben wir uns sehr gefreut. Schade nur, daß ich gerade an dem Tage recht marode war. Überhaupt geht es mit dem Allgemeinbefinden erst langsam aufwärts; Schlaf, Appetit und Kräfte sind unbefriedigt. Ich hoffte schon übermorgen (am 11.1.) meine Vorlesungen wieder beginnen zu können, muß aber noch 8 Tage warten. Das Leiden des Kniegelenks ist glücklicherweise gehoben und ich wandle bedächtig (ohne Stock) im Zimmer umher, kann auch seit vorgestern die Treppe ohne Schwierigkeit gehen. ||
Hocherfreut habt Ihr Beide mich durch das großartige Geschenk des Riesen-Gorilla für mein Phyletisches Museum! Dieses Unicum wird für immer dessen glänzendstes Hauptstück bilden und für seine Reklame mehr wirken, als tausend andere Objecte. Tausend Dank dafür! Nun freut es mich besonders, daß auch Dein Name auf der „Ehrentafel“ in der Vorhalle des Museums verewigt wird; Du wirst die Erste in der Reihe der weiblichen „Förderer des Phyletischen Museums“ bleiben! Vielleicht kannst Du eine Leipziger Kollegin als Nr. II. dazu werben? (Frau Credner? Fr. Tony Meyer?) (Bedingungen: Mindestens 10.000 Mk!). ||
Mein dringendster Wunsch ist jetzt, daß ich bei der Darwin-Feier (am 12. Februar) im großen Saale des Volkshauses meinen Festvortrag halten kann – meine letzte öffentliche Rede! Ich gedenke damit eine hübsche Ausstellung von Praeparaten und Bildern zu verbinden – in der natürlich der Riesen-Gorilla der „Stern“ sein wird. Damit endlich „Schluss“! Am 10.2. (spätestens) werde ich mein letztes Colleg halten. – Auf den Frühling und Sommer, in dem ich zum ersten Male ganz frei sein werde, freue ich micha sehr, – die nötige Gesundheit und Kraft vorausgesetzt.
– Mit herzlichsten Grüßen und besten Wünschen für Hans, Dich u. die Kinder
Dein treuer alter Papa
E. Hkl.
P.S. Besten Dank für die schönen Süßigkeiten von Felsche!
a eingef.: mich