Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 4. Januar 1911
Jena 4. Januar 1911.
Liebster Freund!
Zu der Feier Deines 50.sten Geburtstages, welche Deine Freunde am Sonnabend 7.1. in der „Baerenhöhle“ veranstalten werden, sende ich Dir meine herzlichsten Glückwünsche! Da ich leider nicht persönlich daran teilnehmen kann, sende ich Dir durch unseren Freund Bruno Wille das Diplom, durch welches unsere hiesige „Phyletische Facultät“ Dir die außerordent-liche Würde eines „Doctor Phylogeniae honoris causa“ erteilt; eine Würde, die bisher nur ein Einziger Sterblicher erhalten hat, Fürst Bismarck (bei Gelegenheit des akademischen Banketts, das wir ihm am 31. Juli 1892 hier veranstalteten,). – auch in einem Baeren-Hôtel!). || Aus den unsicheren, teilweise schief stehenden Buchstaben des Diploms, das ich allein componirt habe, wirst Du leider ersehen müssen, daß meine alte Hand (bald 77!) den Stift nicht mehr sicher führen kann; ich bitte Dich, den guten Willen für die Tat zu nehmen.
Lieber als dieses scherzhafte persönliche Freundschafts-Zeugnis würde ich Dir ein offizielles Diplom unserer Philosophischen Facultät sendena, das Dich zum ernsthaften Doctor Philosophiae h. c. proclamiert. (Du hättest es längst verdient!). Allein bei den wunderlichen Personal-Verhältnissen dieser Facultät (– mit der ich seit 2 Jahren nichts mehr zu tun habe! –) ist das leider ausgeschlossen!
Mit herzlichen Grüßen an Dich und Deine liebe Frau
treulichst Dein alter
Ernst Haeckel.
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