Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 14. Mai 1900
Jena 14.5.1900.
Lieber Herr Bölsche!
Für die freundl. Besprechung der „Welträthsel“ im „Vorwärts“ – die gewiß sehr zweckmäßig ist! – meinen besonderen Dank! –
Über Ihr sehr gelungenes „Lebensbild“ bekomme ich noch fortwährend sehr anerkennende Schreiben von meinen Freunden, voll Lob sowohl in Betreff der Form als des Inhalts – auch in allgemeinen Beziehungen! – ||
Die Absicht, in die „Kunstformen der Natur“ auch größere Pflanzenbilder aufzunehmen, soll vom 6. Heft an realisirt werden. Daneben schwebt mir schon sehr lange, – seitdem mich vor mehr als 50 Jahren A. Humboldts „Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse“ begeisterten – der Plan vor, diese „Ideen“ auszuführen u. durch einen Atlas zu illustriren. || Vielleicht liefert nun meine Java-Reise das gesuchte Material dazu. Es ist sehr wenig dafür geschehen. Kennen Sie neuere Werke darüber? Eines von Zollinger? Ich will Viel malen u. photographiren. Im Septbr. denke ich von Genua nach Singapore abzufahren. Meine Freunde billigen die zweite Indische Reise allgemein; sie finden, daß mich schon der Entschluß „verjüngt“ hat. || Zu Pfingsten (2.–10. Juni) will ich nach München, um bei Semon u. Selenka Erkundigungen einzuziehen. – Ende Juni will ich nach Leipzig um der Aufführung von Borngräbers „Giordano Bruno“ beizuwohnen.
Mit herzlichsten Grüßen
Ihr
E. Haeckel.