Conrad Keller an Ernst Haeckel, Zürich, 14. Februar 1909

Zürich, 14. Febr. 1909.

Hochverehrter Herr College und Freund!

Es hat mir sehr leid gethan, dass wir uns letzten Herbst in Zürich verfehlten. Eine Viertelstunde, nachdem Sie mich in meiner Wohnung aufsuchten, kam ich von einer amtlichen Reise zurück. Ich hoffe indessen, dass wir uns bald sei es in Jena, sei es in Zürich, persönlich begrüssen können.

Für heute sende ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche zu Ihrem 75. Geburtstag. Es hiesse Eulen nach Athen tragen, wollte ich Ihnen die Versicherung geben, wie grossartig die Lebensarbeit ist, auf welche Sie zurückblicken. Sie erlebten es noch, dass Ihnen eine allseitige Anerkennung zu Theil wurde, die wohl einzig dasteht und Sie hatten das nicht hoch genug zu || bewerthende Glück, immer wieder kämpfen zu müssen. Dieser Kampf hat Sie stets frisch erhalten.

Nun sind Ihnen noch Jahre der Ruhe zu gönnen. Ein mildes Abendrot möge Ihnen diese Jahre verklären.

Sie legten Ihr Amt nieder, um nun ganz Ihrem Museum zu leben.

Plate zieht also nach Jena und damit ist die Richtung, die Sie begründeten, auch für die Zukunft gesichert.

Plates Lehrstuhl in Berlin gibt der Presse viel Stoff zur Unterhaltung. Er ist noch nicht besetzt und man scheint einigermassen in Verlegenheit zu sein. Wie ich aus Berlin erfahre, geht in der ganzen Angelegenheit zur Zeit gar nichts. Ich bin begierig, wer schließlich Plates Nachfolger wird. ||

Ich lege Ihnen noch meinen Artikel zur Darwinfeier bei, den ich anlässlich des 100. Geburtstages veröffentlichte. Ich habe diesen Anlass benutzt, um darin auch Stellung zu nehmen zu Ihrer Fehde mit Arnold Brass. Unsere Presse hat sich der Sache stark bemächtigt und die ultramontanen Blätter ohne Ausnahme spieen Gift u. Galle.

Lang meinte, das Darwinjubiläum sei der beste Anlass, um hier diesen Treibereien sachlich, aber klar entgegenzutreten. Ich glaube, dass eine heilsame Wirkung nicht ausbleibt.

Empfangen Sie meine herzlichsten Grüsse von

Ihrem alten Schüler

C. Keller.

Brief Metadaten

ID
42095
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Schweiz
Entstehungsland zeitgenössisch
Schweiz
Datierung
14.02.1909
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
13,4 x 21,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 42095
Zitiervorlage
Keller, Conrad an Haeckel, Ernst; Zürich; 14.02.1909; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_42095