Ernst Haeckel an Margarethe Krupp, Jena, 18. Januar 1908

Zoologisches Institut

der Universität Jena.

Jena 18. Januar 1908.

Hochverehrte Gnädige Frau!

Beifolgend beehre ich mich, Ew. Exzellenz die Schlußlieferungen meiner „Wanderbilder“ (9–12, Bild 25–40) zu überreichen, deren erste Abteilung (Lieferung 1–8) ich vor 2 Jahren zuzusenden mir erlaubte. Ein zweites vollständiges Exemplar des nunmehr vollendeten Werkes lege ich zur beliebigen Verfügung bei, sei es für eine der beiden Töchter Ew. Exzellenz, sei es für die Bibliothek der großartigen, für Volksbildung so fruchtbaren Kruppschen Werke. ||

Bei dieser Gelegenheit wiederhole ich meinen herzlichen Dank für die hochherzige Spende von 6000 Mk, welche Ew. Exzellenz für den Bau meines neuen Phyletischen Museums beizusteuern die Güte hatten.

Zugleich wage ich daran die Bitte zu knüpfen, daß Sie diesem gemeinnützigen und bildungsfördernden Unternehmen auch fernerhin Ihr wohlwollendes Interesse bewahren und zur Ausstattung desselben beitragen möchten. Ich bin fest überzeugt, daß Ihr hochherziger Herr Gemahl, der für unsere Wissenschaft so viele Opfer brachte, auch diese neue und eigenartige Anstalt tatkräftig unterstützt haben würde. ||

Wie Sie aus den beigelegten drei Mitteilungen über das neue „Phyletische Museum in Jena“ – insbesondere aus meinem kurzen Rundschreiben vom 2. December 1907 – ersehen, bedürfen wir zur weiteren Ausstattung und Unterhaltung der Sammlungen noch bedeutender Mittel und sind für deren Erlangung auf freiwillige Beiträge angewiesen. Es wäre für uns höchst erfreulich, wenn wir den Namen von Friedrich Alfred Krupp, dessen schönes, von Ihnen geschenktes Porträt in der Porträt-Galerie des Phyletischen Museums seinen Platz finden wird, auch auf der Gedächtnißtafel (in dessen Vorsaal) verewigen könnten, welche die Namen der „Ewigen Mitglieder des Phyletischen Senates“ aufführen wird. || Im Sommer dieses Jahres – Ende Juli – wird unsere Thüringer Universität Jena ihr 350jähriges Jubiläum feiern und bei dieser Gelegenheit werde ich ihr das Phylethische Museum als Eigentum übergeben.

Indem ich Ew. Exzellenz bitte, mich Ihren beiden Töchtern (– die hoffentlich als glückliche Ehefrauen ihr lebhaftes Interesse für Naturwissenschaft bewahrt haben –) bestens zu empfehlen, bleibe ich in aufrichtiger Verehrung

Ihr dankbar ergebener

Ernst Haeckel.

[Beilage 1 (von 3)]

Mitteilung über das

Phyletische Museum in Jena.

Hochgeehrter Herr!

Beifolgend beehre ich mich Ihnen zu geneigter Berücksichtigung zwei Artikel zu überreichen, welchen den Ausbau des neuen Phyletischen Museums in Jena betreffen. Der erste Aufsatz (in Band IV, Heft 12 des „Kosmos“, Stuttgart, erschienen) entwickelt kurz den allgemeinen Plan, welchen ich bei Gründung dieses einzigartigen „Museums für Entwicklungslehre“ seit langer Zeit im Auge hatte. Der zweite Aufsatz (in Nr. 7 der Zeitschrift „Ueber Land und Meer“, Band 99, 1908, veröffentlicht) ist von meinem Collegen und Mitarbeiter, Professor Leonard Schultze verfasst und hebt diejenigen Zwecke des Phyletischen Museums hervor, die besonders in dem gemeinnützigen und bildungsfördernden Unternehmen zur Ausführung kommen sollen.

Das Gründungs-Kapital von 100.000 Mark, welches im Anfang dieses Jahres zusammengebracht wurde (– vergl. S. 2 des „Kosmos“-Artikels – ) ist durch den Bau des schönen Museums-Gebäudes aufgezehrt, das in diesen Tagen unter Dach gebracht worden ist. Weitere 30.000 Mark, die inzwischen gesammelt wurden, sollen zur inneren Ausstattung der Sammlung verwendet werden. Wir bedürfen aber einer noch bedeutend grösseren Summe, wenn diese öffentliche Schausammlung und das darin zweckmässig aufgestellte Bildungsmaterial wachsen und gedeihen soll.

Unserer Universität Jena habe ich mit dem Museum zugleich meine wertvolle Bibliothek, sowie die reichhaltigen, im Laufe von 50 Jahren von mir auf zahlreichen Reisen zusammengebrachten naturwissenschaftlichen Sammlungen zum Geschenk || gemacht. Leider ist aber unsere berühmte Thüringer Universität, deren geistige Leistungen seit 350 Jahren im umgekehrten Verhältnis zu ihren höchst beschränkten Mitteln stehen, ausser Stande, meine Unternehmung finanziell zu unterstützen. Ebenso sind leider auch die vier Thüringer Staats-Regierungen, welche die Universität Jena unterhalten und nach Kräften fördern, nicht in der Lage, Geldmittel für den Ausbau und die Unterhaltung des Phyletischen Museums beizusteuern.

Wir sind daher ganz darauf angewiesen, das unentbehrliche Unterhaltungs-Kapital (– vergl. S. 4 des Kosmos-Artikels –) durch fortgesetzte Sammlung von Geschenken wohlhabender Gönner der Naturwissenschaft und Förderer der höheren Volksbildung zusammenzubringen. Dieser gemeinnützige Plan wird auch sicher gelingen, wenn die zahlreichen bemittelten Freunde der Entwicklungslehre (besonders in den höheren Gesellschaftsklassen) sich hochherzig entschliessen, eine grössere Summe für das Phyletische Museum beizusteuern. Die Namen derjenigen Gönner, die mindestens 10.000 Mark stiften, werden auf einer Gedächtnis-Tafel als „Ewige Mitglieder des Phyletischen Senates“ in der Vorhalle des Phyletischen Museums eingetragen werden. Das Rentamt der Universität Jena (Jenergasse 8) ist von der Regierung amtlich beauftragt, (wie bisher so auch fernerhin) Gaben für das Phyletische Museum entgegen zu nehmen und den Gebern Quittung darüber auszustellen.

Hochachtungsvoll

ERNST HAECKEL.

JENA, am 2. Dezember 1907.

Brief Metadaten

ID
41917
Gattung
Brief ohne Umschlag
Institution von
Zoologisches Institut der Universität Jena
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
18.01.1908
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Besitzende Institution
Historisches Archiv Krupp, Essen
Signatur
FAH III D 159
Beilagen
drei Mitteilungen über Plan und Zweck des Phyletischen Museums
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Krupp, Margarethe; Jena; 18.01.1908; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_41917