Ernst Haeckel an Albert Kalthoff, Jena, 25. November 1905

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

Jena 25. November 1905

Hochgeehrter Herr Doctor!

Ihre Zustimmung zu unserem „Monistenbunde“ und Ihre Erlaubniß, unserem Aufrufe zu dessen Gründung Ihren hoch angesehenen Namen anzufügen, hat mich und meine Schüler ganz besonders erfreut. Denn wir legen großen Wert darauf, dem jungen Unternehmen das so vielen Schwierigkeiten begegnet und das doch sicher zeitgemäß ist, von Anfang an die Unterstützung einiger Autoritäten von hervorragendem und zuverlässigem Character zu sichern. Unter Anderen haben bereits Prof. Forel, Pr. Plate (Berlin), Dr. Unold und Dr. Siebert (München), Prof. Keller (Zürich), Dr. Baege und Dr. Juliusburger (Berlin) zugesagt. ||

Unsere Absicht ist jetzt, zunächst von einer kleinen Konferenz (etwa 4 – 6 auserlesener Männer) die Statuten des Monistenbundes, für die bereits Entwürfe vorliegen, festzustellen und von etwa 12 – 20 namhaften Männern (die bereits zugesagt haben) unterzeichnen zu lassen; darauf erst den Aufruf zum Beitritt (nebst Publication der Statuten in Zeitschriften) in weitesten Kreisen zu verbreiten. Alle Fragen der Organisation (Zeitschrift, Flugschriften, Wander Vorträge) sollen erst dann beraten werden. Ansehnliche Geldmittel sind uns von mehreren Gönnern des Monismus in Aussicht gestellt. || Ihre Bedenken gegen die Bezeichnung „Monismus“ (– für welchen ein deutsches Wort schwer zu finden ist –) kann ich nicht teilen. Meine bezüglichen Schriften haben bereits über eine Million Leser gefunden (– allein die monistischen „Welträtsel“ 180 deutsche u. über 100 englische Volksauflagen –) – 15 Übersetzungen – und über 6000 Briefe haben mich überzeugt, daß der klare Begriff „Monismus“ bereits in weiteste Bildungskreise eingedrungen ist.

Wie Sie aus der beiliegenden Altenburger Rede (1892) ersehen, ist es mein ernstes Bestreben, dadurch wirklich ein „Band zwischen Religion und Wissenschaft“ zu knüpfen, und den Ausbau einer zeitgemäßen Kirche (in Ihrer Auffassung des Christentums) zu fördern. ||

Wenn Sie persönlich bei der Statutenberatung (vielleicht in der I. oder II. December Woche, in Eisenach? oder Jena? oder ?? –) mitwirken könnten, würde dies sehr wertvoll sein, ebenso wie der Anschluß Ihrer Collegen, den Herren Mauritz und Stendel. Welchen Wochentag können Sie eventuell abkommen? Ich selbst kann leider activ nicht mehr mitarbeiten, da ich seit Monaten krank und am Ende meiner Leistungsfähigkeit angelangt bin. Die Geschäfte unseres Monistenbundes besorgt vorläufig hier mein Assistent, Dr. Heinrich Schmidt (Moltke Str. 1), ferner (die Drucksachen) mein Schüler Dr. Wilhelm Breitenbach (in Brackwede bei Bielefeld). – Unter den Lehrern in Bremen sind vielleicht noch einige Namen zu gewinnen? –

Durch Ihr Photogramm würden Sie mich sehr erfreuen! In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Ernst Haeckel. ||

[Beilage, Portraitpostkarte:]

Herrn

Dr. Albert Kalthoff in Bremen, dem Förderer der Monistischen Religion | dem kühnen Erforscher der Entwickelung und Entstehung des Christentums verehrungsvoll

Ernst Haeckel

Jena 25.11.1905.

Brief Metadaten

ID
41796
Gattung
Brief ohne Umschlag
Institution von
Zoologisches Institut der Universität Jena
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
25.11.1905
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Besitzende Institution
Staatsarchiv Bremen
Signatur
NL Kalthoff, 7,40-20
Beilagen
Karte vom selben Datum
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Kalthoff, Albert; Jena; 25.11.1905; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_41796