Ernst Haeckel an Bartholomäus von Carneri, Bad Gastein, 10. August 1893
Hôtel Radlinger
Wildbad-Gastein
10. August 1893.
Lieber hochverehrter Freund!
Seit 4 Tagen weile ich hier als „Badegast“ und hoffe in den alpinen Thermen meinen alten Rheumatismus wieder für einige Jahre los zu werden. Ich denke höchstens noch 12–14 Tage hier zu bleiben, und dann zu Ihnen nach Krumpendorf (auf einige Tage) zu kommen (– etwa am 25. oder 26.) Vielleicht bin ich wieder so weit gangfähig, daß ich direct über die Nassfelder Tauern nach Mallnitz u. Ober Vellach gehen kann. || Andernfalls fahre ich per Bahn über Bischofshofen, Selzthal, St. Michael, Klagenfurt.
– Ich freue mich ganz außerordentlich, Sie und Ihre lieben Kinder wieder zu sehen, und so Vieles mit Ihnen zu besprechen! Je älter man wird, und je trübere Erfahrungen man macht, desto höher steigt der Werth der wenigen wahren Freunde!
Auch freut es mich jetzt, bei Lectüre Ihrer trefflichen || „Empfindung und Bewußtsein“ einige scheinbare philosophische Differenzen zwischen uns ausgleichen zu können.
– Für Ihren lieben letzten Brief und die darin enthaltenen Informationen danke ich Ihnen noch besonders, (ebenso für das fromme „Leo-Blatt“!).
Den Tag meiner Ankunft melde ich Ihnen noch!
In der Hoffnung auf recht frohes Wiedersehen stets Ihr treuer
Ernst Haeckel