Ernst Haeckel an Wilhelm Breitenbach, Jena, 7. März 1918

Jena 7. März 1918.

Lieber Herr Doktor!

Ihr freundlicher Glückwünsch zu meinem 84. Geburtstag hat mich am 16.2. ganz besonders erfreut. Ich hätte Ihnen meinen herzlichen Dank gern schon vor 14 Tagen ausgedrückt. Aber meine Gesundheit, die schon seit 3 Monaten immer mehr abnimmt, ist seit Anfang Februar so miserabel, daß ich nur noch auf kurzen Lebensrest rechnen kann. Das alte morsche Herz, das nun schon seit 84 Jahren ununterbrochen arbeitet, versagt den Dienst immer mehr (Arterien Verkalkung etc.). Ich kann nicht mehr ordentlich arbeitenleider! Jetzt bin ich nur noch mit Ordnung meines gewaltigen literarischen Nachlasses beschäftigt. Ich würde Sie sehr gern vor meiner Abreise in die „Ewigkeit“ noch einmal gesprochen haben, besonders mit Beziehung auf unsere gemeinsamen Interessen am Monistenbunde; ich hoffe immer noch, und ebenso auch andere tüchtige Mitglieder desselben, daß wir Sie als bestes Mitglied des Vorstandes (– und Redakteur der neuen Zeitschrift) wieder gewinnen werden! || Ihren Urteilen über den jetzigen zerfahrenen Zustand des Monistenbundes und die großen Gefahren, die ihm von den „strebsamen“ Pseudomonisten drohen (– Maurenbrecher, Horneffer, Drews etc. –) stimme ich vollkommen bei; – ebenso Ihren politischen Ansichten. Ich sehe sehr schwarz in die Zukunft, obgleich augenblicklich unsere Friedens-Aussichten günstig sind. Aber der deutsche „Michel“ bleibt nun einmal das große politische Kind mit seinen „Idealen“ und dem „Lieben Gott“! (Vergl. Kaiser W.! Rede Reichstag 19.7.1917)

– Dr. Heinrich Schmidt, mein fleißiger Archivar, hat den Druck seines neuen Buches: „Geschichte der Entwicklungslehre“ (ca. 500 Seiten) beinahe vollendet, es soll im April bei Kröner erscheinen (– ich sehe es vollständig durch.) – Er hofft mit mir, daß wir wieder mit Ihnen zusammen für den Monismus (– dem doch jedenfalls die Zukunft gehört –) arbeiten können, - vielleicht hier, wo das „Haeckel-Archiv“ den „Kristall-Keim“ als „Zentrale für M. und Entwicklungslehre bilden könnte.

Mit herzlichsten Grüssen

Ihr Ernst Haeckel

Brief Metadaten

ID
41164
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
07.03.1918
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
2
Besitzende Institution
Archiv des Helmholtz-Gymnasiums Bielefeld
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Breitenbach, Wilhelm; Jena; 07.03.1918; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_41164