Sehr geehrter Herr Professor!
Ich danke Ihnen herzlichst für die Freude, die Sie mir durch die Zusendung Ihrer Arbeit über Aurelia aurita gemacht haben. Sie kam mir um so willkommener, als ich seit einiger Zeit gar nichts anderes studire, als Ihr prächtiges „System der Medusen“. Ich hatte im vergangenen Frühling selbst die Gelegenheit diese schönsten aller Thiere zu sehen, und habe sie auch nachzubilden versucht. Allein wie schwer das ist, habe ich an meinen eigenen Zeichnungen gesehen und habe dabei Ihre Abbildungen zu schätzen und zu bewundern gelernt. Zugleich hat Ihr „System der Medusen“ in mir eine solche Sehnsucht nach der || See erweckt, dass ich es hier garnicht mehr aushalten kann, und beschlossen habe auf ein ganzes Jahr zum Mittelmeer, nach Villafranca, zu gehen. Mein hauptsächlichstes Studium wird auf die Ontogenie und den histiologischen Bau der Velelliden gerichtet sein. Da aber diese schöne Siphonophore in ihrem Vorkommen sehr capriciös ist, so habe ich mich zu einigen anderen Themata vorbereitet. In erster Linie steht die Entwickelungsgeschichte einiger Craspedoten, so der Eucope, der Obelia, Tiare etc. Sollten Ihnen aber, lieber Herr Professor, die Erforschung der Ontogenie irgend einer anderen, bei Nizza vorkommenden Meduse wünschenswerther erscheinen, || so seien Sie so freundlich es mir wissen zu lassen. Es würde für mich eine ganz besondere Freude sein, einen kleinen Beitrag zum Medusensystem zu liefern. Gern hätte ich Ihnen angeboten, Ihnen etwaiges Material an Medusen und auch an anderen Seethieren nach Jena zu schicken; allein ich weiss, dass Sie nach Ceylon gehen. Da werden Sie wohl keine Seethiere aus Villafranca gebrauchen.
Koeber bittet mich Sie freundlichst zu grüssen. Er geht mit mir und wird seine philosophischen Arbeiten dort fortsetzen.
Indem ich Sie bitte, lieber Herr Professor, mich Ihrer Frau Gemahlin bestens zu empfehlen
bleibe ich Ihr ganz ergebener
M. Davidoff
Heidelberg, d. 10 Juli 81.