Jena, 8. Oktober 67.
Liebster Allmers!
Seit vierzehn Tagen sitze ich wieder daheim und erfreue mich des neuen häuslichen Glückes, das mir in meiner Agnes aufgegangen ist. Es liegt doch ein ganz eigener – und ich muß sagen, unendlich hoher – Reiz in unserm deutschen Familienleben und in dem Bewußtsein, eine liebe, treue weibliche Seele bei sich zu haben, die alles – Freud und Leid – gern mit ihrem Mann teilt! Wie sehr beklage ich jetzt aufs neue, daß Du, liebster Freund, der so recht zum Familienvater mit seinem tiefen, herzlichen Gemüte geschaffen wäre, diesen Reiz entbehrst! Glaube mir, er ist wirklich durch nichts anderes zu ersetzen.
... Unsere Hochzeit haben wir hier in aller Stille am 20. August gefeiert. Dann machten wir eine, vom herrlichsten Wetter begünstigte, sehr vergnügte und nette fünfwöchentliche Hochzeitsreise über Nürnberg nach München (welches mich von neuem entzückt hat), dann in das bayrische Oberland (Starnberger See, Kochelsee, Walchensee, Tölz, Schliersee, Tegernsee, Achensee), dann in das Zillertal, dessen oberer Teil (Dornauberg, Zemmgrund, Floitengrund, Duxertal) höchst wild, großartig und erhaben ist. Durch das herrliche Inntal nach Innsbruck und Landeck; durch Vorarlberg nach der Schweiz – hier Ragatz und Pfäffers, Walenstädter und Zürcher See, Rheinfall und Basel besucht. Über Straßburg und Heidelberg nach Mainz; den Rhein hinab bis Koblenz; durch das Lahntal nach Gießen; zurück. Meiner Frau, die nichts von alledem kannte, ging eine neue Welt auf.
Für Deinen lieben letzten Brief und das mitgesandte famose Gedicht des neuen „Walter von der Vogelweide“ herzlichsten Dank.
Laß bald wieder etwas von Dir hören ...