Ernst Haeckel an Oscar und Richard Hertwig, Jena, 23. Mai 1871
Jena 23 Mai 71
Meine lieben Freunde!
Mit Nachsendung Ihrer Nachträge zur Ascidien-Arbeit hat es keine Eile. Ich habe Ihre beiden Preisschriften bereits gestern nebst meinem Urtheil an die Facultät abgegeben, wo sie bereits circuliren. Sie müssen ohnehin die Arbeiten vor dem Druck noch einmal durchsehen und können dann gleich die Zusätze einschieben. Bei Richards Arbeit fehlte auch die Tafel-Erklärung. ||
Von hier nichts Neues, außer daß seit gestern das November-Wetter in März-Wetter umgesetzt hat und Serenissimus hier eingetroffen ist und die Spongien und Ascidien bewundert hat. Er macht entschieden Fortschritte im Darwinismus.
Die Hälfte meiner Actinien lebt noch ganz munter in halbfaulem Wasser. Die andere Hälfe ist bereits im ewigen Leben (Spiritus).
Hoffentlich höre ich bald von Ihnen. Beste Grüße an Max Schultze, Bleeks etc
Ihr getreuer
Haeckel ||
[Nachträgliche Notiz von Oscar Hertwig:]
Meine in Lesina angestellten Untersuchungen über die Entwicklung des Mantels habe ich als 16seitiges Opus seit einigen Tagen schon an Haeckel abgeschickt. a Richard hat es unterlassen, seine Beobachtungen über die Entwicklung der Larve zusammenzustellen, da er nur wenige Fehler bei Kowalevsky der jahrelang sich damit beschäftigt, aufgefunden und um tiefer einzudringen die Zeit zu kurz war.
Oscar.
a gestr.: Oscar