Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Julius Rodenberg, Buitenzorg, 10. November 1900

Herrn Dr. Julius Rodenberg

Redacteur der „Deutschen Rundschau“ in Berlin.

Buitenzorg 10. Novbr 1900.

Hochgeehrter Herr Doctor!

Endlich kann ich Ihnen die ersten beiden Kapitel meiner „Malayischen Reisebriefe – Aus Insulinde“ schicken;

Cap. I: Von Jena nach Singapore.

Cap. II: Sechzehn Tage in Singapore.

Es hat lange gedauert, bis ich mit diesem Reisebericht fertig geworden bin, und hat mir viel Mühe gekostet. Ich bin mit meinen 66 Jahren nicht mehr derselbe, der Ihnen vor 19 Jahren die „Indischen Reisebriefe“ aus Ceylon sendete. Ich empfinde den Unterschied recht stark und fürchte, daß es mit meiner Schriftstellerei überhaupt ziemlich zu Ende geht. ||

Wie bei früheren, der „Deutschen Rundschau“ eingesendeten Manuscripten, gebe ich Ihnen Vollmacht, dasselbe nach Ihrem besten Dafürhalten zu verbessern: Fehler zu corrigiren, Überflüssiges zu streichen u. s. w. Ich sende Ihnen das Manuscript durch Vermittelung einer alten Freundin, Fräulein Frida von Uslar-Gleichen in Gelliehausen bei Göttingen. Dieselbe a besitzt feine litterarische Bildung und verbindet guten Geschmack und poetische Phantasie mit scharfer Kritik. Ich habe sie gebeten, das Manuscript durchzusehen und eventuell zu verbessern, und Ihnen dann direct zu senden. || Das dritte Capitel der „Malayischen Reisebriefe“ hoffe ich Ihnen im Januar zu senden; es wird die Schilderung meines paradiesischen Aufenthaltes in Buitenzorg bringen, in dem schönsten und größten botanischen Garten der Erde. Ich bin hier bei dessen Director, Professor Treub, ausgezeichnet aufgehoben.

Meine Adresse ist dauernd: Lands-Plantentuin, Buitenzorg (Batavia). Die weiteren Reisepläne sind noch sehr unsicher. Große Strapatzen halte ich nicht mehr aus, und für neue Eindrücke bin ich nicht mehr sehr empfänglich. ||

Wenn diese Zeilen, in sommerlicher Temperatur von 22° R. hier abgesandt, Sie in Berlin treffen werden Sie sich in wohlgeheiztem Zimmer mit Ihrer Familie für das Weihnachtsfest rüsten.

Ich sende dafür, wie für das neue Jahr, meine freundlichsten Grüße und besten Wünsche.

Hochachtungsvoll

Ihr ergebener

Ernst Haeckel.

P.S. Ich bitte um 70 Separat-Abdrücke: [!] 40 gütigst zu versenden an die auf beifolgender Liste verzeichneten Adressen; die anderen 30 (in Packet) an meine Frau nach Jena, zur Vertheilung an die dortigen Freunde.

a gestr.: ist

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.11.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
GSA Weimar
Signatur
81/ V, 1, 3
ID
40361