Jena 21. Juni 1881
Mein lieber Huxley!
Im nächsten September gehe ich nach Ceylon, um dort 4–5 Monate Acalephen und Protisten zu untersuchen, hauptsächlich Medusen und Korallen, Radiolarien und Infusorien. Ich denke im April 1882 mit zoologischen Schätzen reich beladen zurückzukehren.
– Zu Ostern hatten mir meine Freunde in Berlin zur Deckung meiner Reise-Kosten das Humboldt-Stipendium (im Betrage von 15,000 Mk. = 750 ₤ Strl.) in sichere Aussicht gestellt, und mir fest versprochen, damit meine Reise-Kosten zu decken. || In der letzten Woche war die Sitzung der Berliner Academie, in welcher über den Antrag abgestimmt wurde. Helmholtz, Peters und Beyrich sprachen für denselben; Reichert, Virchow (– München, 1877! –) und Du-Boys („Ignorabimus“) dagegen. Letztere führten aus, dass ich die Unterstützung besonders deshalb nicht verdiene, weil ich „ein hervorragender Förderer der Darwinschen Irrlehren und des wissenschaftlichen Materialismus sei; ich habe der Wissenschaft viel mehr Schaden als Nutzen zugefügt, und meine zoologischen Monographien (Radiolarien, Spongiena, Medusen etc) seien ohne wirklichen Werth“! Der Antrag wurde in Folge dessen abgelehnt. ||
Da ich nun nicht die Mittel besitze, um die kostspielige Reise in der beabsichtigten Weise (mit Dredgen etc.) auszuführen und da ich auch von der Regierung keine Unterstützung erhalten kann, so erlaube ich mir an Sie vertraulich die Bitte zu richten, ob Sie vielleicht durch eine englische wissenschaftliche Körperschaft (– vielleicht durch die Royal Society oder die British Association, deren Foreign Member ich bin –) mir eine Summe (womöglich von 400–500 ₤ Strl.) zur Unterstützung meiner wissenschaftlichen Reise zu verschaffen. Ich würde mich dagegen ausdrücklich verpflichten, meinen Dank dadurch öffentlich zu bezeigen, dass ich das herauszugebende Reise-Werk der genannten Gesellschaft dediciere. ||
Vielleicht dient es zur Unterstützung meiner Bitte, dass die Fauna der Acalephen und Protisten von Indien wenig bekannt ist und dass ich seit 5 Jahren gratis für das Challenger-Werk arbeite (die „Deap-Sea-Medusae“ mit 32 Tafeln sind jetzt fertig, die „Radiolaria“ (und Phaeodaria) mit 120 Tafeln halb fertig).
Ich schreibe heute einen Brief ähnlich diesem, an Darwin, Sir John Lubbock und Sir Wyville Thomson.
Wenn ich für Sie in Ceylon Etwas sammeln kann, bin ich gern dazu bereit. Haben Sie meine „Monographie der Medusen“ bekommen? Ich schickte sie.
Im Voraus mein lieber Huxley meinen besten Dank für Ihre Bemühungen
Ihr treu ergebener
Ernst Haeckel
a eingef.: Spongien