Ernst Haeckel an Konrad Deubler, Jena, 4. März 1874

Jena 4. März 74

Lieber Herr Deubler!

Ihre beiden freundlichen Briefe hätte ich schon längst beantwortet und Ihnen für die Übersendung Ihrer Photographie, sowie derjenigen Ihres Hauses herzlichst gedankt, wenn ich nicht leider wegen einer Erkrankung an einer epidemisch hier herrschenden bösartigen Grippe fast einen Monat hätte im Bette liegen müssen. Erst seit wenigen Tagen habe ich das Bett wieder verlassen können.

Hoffentlich ist nunmehr auch Ihr verwundeter Fuß, wegen dessen ich Sie recht bedauert habe, ganz wieder hergestellt! ||

Das übermangansaure Natron (oder Kali), welches Ihnen bei Ihrer Fußwunde so vortreffliche Dienste geleistet hat, ist erst seit wenigen Jahren allgemein in Aufnahme gekommen und hat sich namentlich in den letzten Kriegen ausgezeichnet bewährt, ganz vorzugsweise als Mittel zur Desinfection der Wunden, bei faulen Wunden etc. Auch zur Desinfection der Abtritte bei Cholera etc wird es sehr Viel mit Nutzen verwendet. Die wahre Ursache seines Nutzens ist uns, wie bei den meisten Mitteln, gänzlich unbekannt. Mangan ist ein Metall, welches dem Eisen am nächsten steht und auch im Körper des Menschen und vieler Thiere (z. B. in den Haaren, im Blute) in sehr geringen Mengen vorkömmt. ||

Ihrem Wunsch, ein Exemplar der neuen (V.) Auflage meiner Schöpfungsgeschichte zu erhalten, werde ich mit Vergnügen erfüllen, sobald der (im Januar bereits angefangene) Druck vollendet sein wird (wahrscheinlich im Juli). Ich hatte Ihnen ohnehin schon ein Exemplar zugedacht. Die letzte (IV. Auflage); 2500 Exemplare stark, ist sehr rasch, innerhalb eines halben Jahres verkauft worden. Auch ist jetzt eine französische, englische und polnische Übersetzung erschienen. Spanische, italienische und serbische sollen auch demnächst erscheinen. Neben vielen zustimmenden Schreiben, die ich fast jede Woche erhalte, fehlt es natürlich auch nicht an allerlei Angriffen und Verfluchungen von Seiten der Pfaffen. ||

Der Dr. Karl Grün, der den Nachlaß Feuerbach’s ordnen soll, ist ein sehr freisinniger und gewandter Schriftsteller, der gewiß seine Aufgabe gut lösen wird.

Es freut mich sehr, daß die Tochter von Feuerbach Ihnen die Bronze-Büste a ihres Vaters geschenkt hat. Ich hoffe sehr, daß ich Sie im Laufe der Herbstferien (wahrscheinlich im August oder September) werde besuchen und dann auch dieses theure Andenken bewundern können. Hoffentlich können wir dann zusammen auch einmal auf die Berge klettern! Das Bergsteigen war von jeher meine größte Freude und in den deutschen, österreichischen und Schweizer Alpen habe ich schon oftmals oben am Schnee übernachtet!

Es grüßt Sie freundlichst und von Herzen Ihr ergebenster

Ernst Haeckel

a gestr.: Ihr

Brief Metadaten

ID
40212
Gattung
Brief ohne Umschlag
Empfänger
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
04.03.1874
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
2
Umfang Blätter
2
Besitzende Institution
Österreichische Nationalbibliothek Wien
Signatur
Cod. Ser. n. 55064 HAN MAG
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Deubler, Konrad; Jena; 04.03.1874; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_40212