Ernst Haeckel an Bartholomäus von Carneri, Jena, 4. Juni 1882
Jena 4 Juni 82
Hochverehrter Freund!
Ihre gütige Einladung, welche ich gestern bei der Rückkehr von einer achttägigen Pfingstreise (nach Berlin) hier vorfand, nehme ich mit eben so herzlicher Freude an, als sie mir von Ihnen in aufrichtiger Freundschaft geboten wurde! Ich schwelge schon jetzt in dem Gedanken, zusammen mit Königsbrunn bei Ihnen einige Wochen in der schönen grünen Steiermark zu hausen, und in dem „Atelier von Wildhaus“ die mitgebrachten Skizzen vom grüneren Ceylon auszumalen. ||
Wenn es Ihnen paßt, denke ich zwischen 10. u. 12. August nach Wildhaus zu kommen und dort etwa 14 Tage zu bleiben – vorausgesetzt, daß Ihnen das nicht zu lang ist! Vielleicht bleibe ich dann noch die ersten 8 Tage September bei Herrn von Königsbrun in Wildbach. Mitte September muß ich spätestens zurück sein.
Meine Aquarell-Skizzen von Ceylon (120) werde ich sämmtlich mitbringen; ich denke, Sie werden einige Freude daran haben. ||
Nicht wahr, Ihre Eisenbahn-Station ist Feistritz-Mariarast, nahe Marburg?
Mir geht es sehr gut. Meine Familie ist glücklich, mich wieder hier zu haben, und ich bin nicht minder glücklich, wieder daheim zu sein.
Nun noch eine Bitte! Richten Sie für mich Alles so einfach und bescheiden als möglich ein! Ich bin die einfachsten Verhältnisse gewohnt und fühle mich da am wohlsten! Keinenfalls möchte ich Sie irgendwie geniren!
Mit herzlichsten Grüßen
Ihr treu ergebener
Ernst Haeckel