Zoologisches Institut
der Universität Jena.
Jena 19. Juli 1907.
Durchlauchtigster Herr Herzog!
Beifolgend beehre ich mich, Ew. Hoheit den letzten, kürzlich erschienenen Teil meiner Landschafts-Skizzen: „Wanderbilder“ (Lieferung 9−12, Bilder 25−40) ehrerbietigst zu übersenden. Da Sie selbst als erfahrener, feinsinniger und geschmackvoller Künstler die Gefahren und Schwierigkeiten meines Unternehmens wohl zu würdigen wissen, bitte ich auch die großen Mängel meiner Dilettanten-Arbeit mit gütiger Nachsicht zu beurteilen, und zu bedenken, daß sie hauptsächlich durch den Wunsch hervorgerufen wurde, die wenig gewürdigten und selten gemalten „Wunder der Tropenwelt“ den Naturfreunden anschaulich vorzuführen. ||
Leider hat sich die moderne Technik des photographischen Vierfarbendruckes bei dieser letzten Serie noch weniger bewährt als bei den früheren Serien. Die warmen Töne (gelb, orange, rot) treten überall zu stark und schwer hervor; dagegen die kalten Töne (blau, grün, violet) zu schwach und hell.
Hoffentlich erfreuen sich Ew. Hoheit und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin jetzt des besten Wohlseins, nachdem Ihnen die Cur in Wildungen zur Zufriedenheit bekommen ist. Leider ist ja das Sommer-Wetter dieses Jahr so winterlich, daß eine neue „Eiszeit“ hereinzubrechen droht. ||
Der Bau des neuen Phyletischen Museums hat jetzt endlich begonnen, nachdem viele Schwierigkeiten in Betreff des Bauplans und des Bauplatzes glücklich überwunden sind. Die erforderlichen Mittel für die innere Ausstattung und dauernde Entwickelung hoffen wir durch fortgesetzte Sammlung allmählich zu beschaffen. Das hochherzige Beispiel Ew. Hoheit, die Stiftung von 20.000 Mk, hat leider bei den übrigen drei Durchlauchtigsten Erhaltern der Universität bisher keine Nachfolge gefunden. Doch hoffen wir immer noch, daß S. Kgl. Hoheit der Großherzog – als Rector Magnificentissimus – sich zu einem Beitrag entschließen wird. ||
Für mich war das verflossene Halbjahr sehr unruhig, aber auch recht interessant; besonders die Teilnahme an der Linné-Feier in Schweden. An den drei Universitäten Lund, Upsala und Stockholm, die ich bei dieser Gelegenheit besuchte, und bei den großartigen Festlichkeiten, die sich an die 200jährige Geburtsfeier von Linné knüpften, lernte ich viele interessante Personen und Verhältnisse, im Laufe von 8 Tagen kennen. Die Herbstferien will ich größtenteils zum Arbeiten in Jena verwenden, jedoch im September auf einige Wochen nach München und Ober-Bayern gehen.
Mit ehrerbietigsten Grüßen an Ew. Hoheit und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin verbleibe ich in aufrichtiger Verehrung
Ihr ergebenster
Ernst Haeckel.