Ernst Haeckel an Helene Freifrau von Heldburg, Jena, 21. Oktober 1894
Jena, 21. October 1894
Hochverehrte Gnädige Frau!
Für Ihre wiederholte gütige Nachricht bestens dankend muß ich Ihnen leider mittheilen, daß ich Ihrer gütigen Einladung für diese Woche nicht folgen kann. Seit vorgestern bin ich ein Opfer des hier herrschenden, bei dem schauderhaften November-Wetter nicht wunderbaren epidemischen Catarrhes. Außerdem sind gestern drei große Kisten mit australischen Sammlungen von Prof. Semon eingetroffen, deren Aufstellung in den nächsten Tagen nothwendig ist. ||
Nächsten Donnerstag beginnen die Vorlesungen unseres Winter-Semesters, und da giebt es in der ersten Woche Viel zu thun.
Falls Sie noch die ersten Wochen des November in Altenstein zubringen, könnte ich vielleicht an einem Samstag (10. oder 17.) Morgens dorthin fahren, den Sonntag bei Ihnen zubringen und Montag Morgens zurückkehren. Indessen ist dieser Vorschlag nur eine ganz bescheidene eventuelle Anfrage und setzt Voraus, daß mein Besuch Sie in keiner Beziehung genirt. ||
Andernfalls bitte ich um die Erlaubniß, meinen Besuch auf eine spätere günstigere Zeit verschieben zu dürfen.
Jedenfalls ersuche ich Seine Hoheit, den Herrn Herzog, ebenso wie Sie selbst, Gnädige Frau, meinen Besuch nur dann zu gestatten, wenn Sie Beide vollkommen wohl und in der Verfassung sind, um durch die Unterhaltung mit einem alten Schulmeister nicht belästigt zu werden.
Mit aufrichtigen Wünschen für Ihrer Beider vollkommene Genesung, und mit ehrerbietigsten Grüßen ||
Ihr ergebenster
Ernst Haeckel.