Jena 24.6.1896.
Hochverehrte Gnädige Frau!
Für den duftenden transalpinischen Blumengruß, durch den Sie mir und meiner Frau in so liebenswürdiger Weise eine Freude bereiteten, sagen wir Ihnen unseren herzlichsten Dank. Wenige Minuten bevor der Postbote die reizenden Orangen-Blüthen aus der Villa Carlotta überbrachte (– noch ganz frisch! –) hatten wir uns an dem ähnlichen Dufte der reich blühenden Acacien (Robinien) in unserem Garten erfreut und dabei mit Sehnsucht der Hesperiden-Gärten des Südens gedacht! Nun konnten wir beide herrliche Gaben der Flora direct vergleichen. ||
Aus einer Zeitungs-Notiz ersah ich vor einigen Tagen mit Freuden, daß Seine Hoheit der Herr Herzog sich wieder besser befindet und bereits mit Stock gehen kann; sowie daß Sie in diesen Tagen nach Altenstein übersiedeln. Ich richte daher diese Zeilen des Dankes dorthin und bitte in denselben zugleich den Ausdruck meiner besten und aufrichtigsten Wünsche für eine recht angenehme Sommerfrische in unserem lieben grünen Thüringen zu erblicken. Der Wald ist an diesem Johannis-Fest ganz herrlich, dank den massenhaften Regengüssen und Sonnenstrahlen. ||
Vorigen Samstag (20.6) habe ich meine Familie nach Friedrichroda gebracht, wo sie in Villa Helder (am Herzogsweg) ein sehr angenehmes Unterkommen für 5−6 Wochen (mindestens) gefunden hat. Ich gedenke sie dort öfter (Samstag bis Montag) zu besuchen. Falls es im Laufe des Juli paßt, würde ich mir gern die Ehre geben, Ihnen einen kurzen Besuch (von wenigen Stunden) in Altenstein abzustatten und mich persönlich von Ihrem Wohlsein zu überzeugen.
Meiner Frau geht es langsam besser; sie ist jetzt in F. unter der Pflege unserer Tochter (Frau Dr. Hans Meyer, Leipzig-Hildburghausen). ||
Indem ich Sie freundlich bitte, Ihrem Durchlauchtigsten Herrn Gemahl meine ergebensten Grüße und besten Wünsche zu übermitteln, bleibe ich in aufrichtiger Verehrung
Ihr ganz ergebener
Ernst Haeckel.