Konrad Deubler an Ernst Haeckel, Goisern, 12. Juni 1877

Dorf Goisern den 12tn. Juni 1877.

Lieber guter Herr Professor!

Das letzte Lebenszeichen von Ihnen war, das mir zugeschükte Philosophischea Gedicht „Die Schweine“, und in der Deutschen Zeitung eine Anzeige das Sie von Ihrer Wissenschaftlichen Reise aus Griechenland in Triest angekomen wären. Vor ein paar Wochen erhielt ich durch die Post eine höchst Interessante Broschiere von einen Herrn Emil Rade „Charles Darwin und seine Deutschen Anhänger“ worinnen auch von mir etwas zu lesen ist. Mich hat diese grosse Ehre als einfacher ungebildeter Landmann ungeheuer erfreuet! Ich danke Ihnen mit vollen Herzen für Ihre Mühe und Auslagen, die Ich Ihnen schon verursacht habe. Ich kann es nur zu einen kleinen theil Ihnen wieder abzahlen, wenn Sie einmahl wieder Ihren Versprechen gemäß auf einen Besuch in unsere schönen Berge komen. Ich habe Ihnen einen Büchsenschuß von meinen || Hause auf einen kleinen Felsenhügel ein neues gebaut, die Aussicht über das ganze Salzkamergut ist wirklich Prächtig, und wird Ihnen gewiß gefahlen. Das Hauß (von dem ich Ihnen hier eine Photographie beilege) wird unbewohnt bleiben, bis Sie Edler grosser Menschenfreund selbst auf einige Wochen oder tage es bewohnen. „Die Stelle die ein großer Mann betrat, ist geweiht für alle Zeiten.“

Kommen Sie lieber Freund ja gewiß, sey es wann Sie wollen, das Häuschen steht Ihnen ganz zur verfügung, nur Ersuche ich Sie mir früher über Ihr komen zu schreiben.

Ich habe mir dieses Frühjahr einen Viertljahrgang von der Zeitschrift „Kosmos“ angeschaft, wofon ich schon 2 Hefte besitze. Ich habe Sie fragen wollen, warum die Alten wie Herr Karl Vogt, Jakob Moleschot u. s. w. nicht als Mitarbeiter bey einen so wichtigen zeitgemässen || Unternehmen dabey sind? Es schreibt zwar im ersten Heft Otto Caspari im Artikl „Die Philosophie im Bunde mit der Naturforschung.“ etwas darüber, aber ich kann ihn nicht verstehen und begreifen!

Bitte, seien Sie mir wegen meiner Zudringlichkeit nicht böße, nehmen Sie einen ehrfurchtsvollen Bewunderer Ihrer geistigen Grösse, der Sie Hochschätzt und Verehrt nicht für Übel auf, das ich Sie über manches dunkle mir unverständliche Frage!

Ihnen, Vogt und L. Feuerbach habe ich meine Zufriedenheit, und selbst mein Äusseres Glück zu verdanken. Ich und mein Weib sind gesund und wohlauf! ich habe nur einen sehnlichen Wunsch, Sie bald in unserm stillen Gebürgsdorf begrüssen zu können, und Ihnen für die schönen Bücher die Sie mir geschükt haben noch || persönlich zub danken, ehe mich 63 Jahr altes Wirbelthier der Grabeshügel dekt.

Grüssen Sie mir Ihre liebe Frau und behalten Sie mich lieb

Ihr treu ergebener dankbarer Freund

Konrad Deubler

NB. Unsere Eisenbahn die dicht neben der Traun durchs ganze Salzkamergut geht, wird in 2 Monathen bis Ebensee den Betrieb übergeben werden können. Die Italiener sind die meisten schon fort, und alles ist wieder ruhig wie früher!

Brief Metadaten

ID
3951
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Österreich
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreich
Datierung
12.06.1877
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,4 x 22,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 3951
Zitiervorlage
Deubler, Konrad an Haeckel, Ernst; Goisern (Bad Goisern); 12.06.1877; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_3951