ZOOLOGISCHES INSTITUT
DER UNIVERSITÄT JENA.
Jena 7.3.1905.
Lieber Herr Doctor!
Gestern, am 6.3., erhielt ich Ihren lange erwarteten Brief aus Mafeking (vom 8.2.), der also die lange Reise in 26 Tagen gemacht hat. Über die guten Nachrichten von Ihnen und Ihrer zweijährigen Forschungsreise in Süd-Afrika habe ich mich um so mehr gefreut, als meine wiederholten Erkundigungen bei Ihrem lieben Vater – und erst vor 8 Tagen bei Ihrer Frau Mutter – mir wenig Auskunft lieferten.
Hoffentlich beschließen Sie nun Ihre schöne Expedition eben so glücklich, als sie bisher verlief, und kehren bald, mit Schätzen reich beladen, nach Jena zurück. ||
Das Zoologische Practicum – das Ihnen wie mir sehr wertvoll ist – nach Ihrer Rückkehr wieder mit Ihnen gemeinsam zu halten, freue ich mich sehr. Sollten Sie erst im Laufe des Sommers zurückkehren, so begnüge ich mich mit der Beihülfe von Dr. Ernst Röhler der kürzlich „magna cum laude“ promovirt hat, ein sehr ordentlicher Assistent. Er will nächsten Winter das Oberlehrer-Examen machen und dann in den Schul-Dienst gehen.
Moebius in Berlin (80 Jahr) ist abgegangen; ein Ersatz noch nicht gefunden, da Schauinsland und Ludwig abgelehnt haben. –
Ich beginne jetzt (als „Alter Herr“) meine „Lebens-Erinnerungen“ zu schreiben.
Mit besten Grüßen (auch von Pohle und von meiner Frau)
Ihr alter Ernst Haeckel. ||
P.S. Walter wohnt (mit Frau u. 2 Töchterchen) seit October in München; es geht ihm gut.a
a Postscriptum vertikal am linken Rand von Seite 1 nachgetragen.