Nürnberg | Sonntag 23/8 68
Liebste Eltern!
Ihr vermuthet mich wahrscheinlich schon 5–6 Tage auf der Reise. Indessen häuften sich die Correcturarbeiten und die noch abzumachenden Geschäfte zu Anfang dieser Woche dergestalt, daß ich erst Donnerstag früh reisen konnte. Da dieser Tag (20. August) aber unser Hochzeitstag war, blieb ich zu Agnes großer Freude noch in Jena, und reiste erst Freitag ab. Donnerstag Mittag feierten wir die Erinnerung unserer Hochzeit Mittags bei Mutter Huschke. Allmers war schon Mittwoch Morgen abgereist. Die Unruhe und Hast der letzten Tage war sehr groß, und bei der furchtbar drückenden Hitze doppelt unangenehm. || Desto wohler thut mir jetzt das am Mittwoch schon eingetretene kühle Wetter und die Erholung der Reise; jeden Tag lebe ich mehr auf und werde bald wieder ganz frisch und nicht mehr so miserabel abgearbeitet sein.
Freitag Morgen 5 Uhr ging ich nach Apolda hinüber; blieb von 10–3 Uhr in Eisenach, wo ich die Wartburg, Marienthal und Annathal besuchte; und fuhr um 3 Uhr nach Coburg, wo ich Allmers traf und übernachtete.
Sonnabend (gestern) fuhren wir von Coburg a in 5 Stunden nach Nürnberg, wo wir den Nachmittag im Germanischen Museum verbrachten.
Heute b Mittag fuhren wir von hier weiter nach Regensburg, und morgen Abend von dort nach München. Von dort werde ich ausführlicher schreiben. Ich bin sehr wohl und freue mich mit Allmers sehr auf die weitere Reise. Agnes verließ ich sehr wohl.
Hoffentlich geht es euch gut, liebste Eltern.
Mit herzlichstem Gruß
Euer Ernst.
Bitte schreibt mir nach München (poste restante). Schickt aber den Brief spätestens Dienstag ab, da wir wahrscheinlich Donnerstag weiterreisen. Den folgenden Brief schickt nach Innsbruck, poste restante.c
a gestr.: nach; b gestr.: fuh; c Nachschrift am linken Rand von S. 2 und S. 1: Bitte schreibt … poste restante.