Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 26. Mai 1884

Jena 26/Mai 84.

Liebste Mutter!

Für Deinen heute erhaltenen Brief herzlichen Dank. Wir hoffen aber doch sehr, daß Du Deinen Entschluß noch änderst und daß Du im Juni noch zu uns kommst und ein a paar Monate bei uns bleibst. Die Reise ist ja so kurz; Du kannst auch nöthigenfalls in Halle eine Ruhe-Pause von einigen Stunden machen. Hier sollst Du Alles so bequem als möglich haben. || Lieder können wir ja schwerlich mit den Kindern Alle zusammen noch auf längere Zeit zu Dir kommen, einerseits weil es mit den Ferien nicht paßt, und anderseits, weil es Dir viel zu viel Wirthschaft und Unruhe machte. Die Folge würde nur sein, daß Dir die unruhige Gesellschaft den Rest Deiner alten Kraft noch nähme. Hier in Jena kannst Du uns auch Alle viel besser genießen! ||

Gestern und vorgestern hatte ich große Freude durch den Besuch meines alten Universitäts-Freundes Ferdinand von Richthofen den ich seit mehr als 25 Jahren nicht gesehen hatte (zuletzt im Sommer 1858). Er ist jetzt Professor der Geographie in Leipzig, war 10 Jahre in China. Er war sehr nett und herzlich. Auch seine Frau (eine Cousine aus Schlesien), mit der er seit 5 Jahren verheirathet ist, hat uns sehr gut gefallen. ||

Wenn das Wetter schön bleibt und Agnes sich von ihrem bösen Catarrh (seit 3 Wochen!) genügend erholt hat, denken wir am Sonnabend mit Walter und Lisbeth auf 8 Tage an den Rhein zu gehen (bis Frankfurt resp.b Mainz, per Bahn dann bis Coeln per Dampfschiff, ebenso zurück.

– Hoffentlich geht es Euch Lieben Allen c recht gut, auch Anna und Minna.

Herzlichste Grüße an Alle

Dein treuer alter

Ernst

a gestr.: x; b korr. aus: respec.; c gestr.: f

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Datierung
26.05.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Potsdam
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38900
ID
38900