Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Anna Sethe, Berlin, 10. Juni 1860

Berlin, Sonntag früh | 10.6.60.

Ich kann die neue Woche nicht besser beginnen, meine liebste Änni, als indem ich mich in der Sonntagsfrühe in mein vereinsamtes Stübchen hinsetze, um den während der langen 5/4 Jahre so lieb gewordenen Briefverkehr wiederaufzunehmen und mit meiner besseren Lebenshälfte meine Gedanken auszutauschen. Kaum bist Du 48 Stunden fort, liebster Schatz, und schon habe ich Deine unaussprechlich liebe Nähe, in der ich mich so rasch wieder hier eingelebt hatte, so entbehrt, als ob Du mir schon lange Wochen und Monate wieder genommen wärst. Ich komme mir in meinen kahlen 4 Wänden so öde, vereinsamt und nüchtern vor, wie ein entlaubter Baum. Und in der That bin ich auch ohne Dich nichts Anderes. Denn das Blätterdach der jungen Eiche ist noch zu schwach, um dem Stamm hinreichenden Schmuck zu gewähren und von vielen Früchten ist ohnehin noch keine Rede. Da ist denn der beste, ja der einzige Schmuck, das dichte, reiche grüne Epheukleid, dessen liebende Ranken den kahlen, dürftigen Stamm so umschlungen und so mit ihrem dunkelgrünen, hoffnungsreichen Laub umwoben haben, daß dadurch alle Mängel und faulen, schlechten Stellen des jungen Eichstammes bedeckt und verborgen werden. Und doch, wie sehr ich Dich auch schon entbehre, und wie sehr mich das Gefühl Deiner Entfernung niederdrückt, überwiegt doch der beglückende Gedanke, Dich liebstes, bestes Wesen auf der Erde, auch in der weitesten Ferne ganz und ungetheilt zu besitzen und die süße Hoffnung, einst in der völligen Verschmelzung mit Dir zu der inneren Reife und befriedigenden Harmonie zu gelangen, nach der ich auf allen andern Wegen vergebens strebe. Diese beste, höchste Lebenshoffnung muß grade jetzt mir doppelt werth und tröstlich sein, wo in Mitten der Befriedigung über die glücklich vollbrachte Reise und der ruhigen Verarbeitung der mitgebrachten Schätze auch schon die alten, unvermeidlichen Zweifel und Vorwürfe || wieder wach werden, der Gedanke, so viele Gelegenheiten zu weiterer Ausbildung nicht benutzt und so viele Stunden an unnütze Beschäftigungen vergeudet zu haben.

Diese Vorwürfe haben mich gestern wieder recht gequält wo ich die eben herausgekommene (in der Akademie gehaltene) Gedächtnißrede von Du Bois-Reymond auf Johannes Mueller gelesen, eine ausgezeichnete Arbeit, die Dich auch sehr interessiren wird. Andere werden durch dies unerreichbar große Beispiel vielleicht zu begeisterter Nacheiferung angetrieben. Auf mich hat aber grade jetzt dieses, obschon altbekannte und hochverehrte, doch in dem reichen Glanze der Dr. Bois’schen Darstellung neu leuchtende Bild – eher niederschlagenda und b entmuthigend gewirkt und ich legte das Buch, kaum ¼ durchgelesen mit einem matten Gefühle innerer Ohnmacht aus der Hand und mit dem Bewußtsein, nie auch nur einen kleinen Theil des von Johannes Mueller Geleisteten erreichen zu können. Wie flach und unbedeutend, hohl und nichtig erschienen mir auch c meine besten Gedanken und fleißigsten Arbeiten gegenüber diesem Genius, dessen Riesenkraft mir mit erdrückender Gewalt in diesem Bilde neu entgegengetreten ist. Statt mit rücksichtsloser Energie den höheren Problemen unserer Wissenschaft nachzustreben, verliere ich mich in unbedeutenden Nebendingen und vergeude die Zeit, die nur der ernstesten Arbeit gewidmet sein sollte, mit nutzlosen Spielereien. Die letzten Wochen sind mir in dieser Beziehung gestern und vorgestern schwer auf die Seele gefallen und ich werde mich jetzt ordentlich zusammennehmen müssen, um einen Theil des Verlorenen einzuholen. Vorläufig freilich geht mir so Vieles und Verschiedenes im Kopf herum, daß ich kaum weiß, wo anfangen und wie beim Erwachen aus einem schönen, goldenen Traum, fühle ich mich in eine große, wüste Rumpelkammer voll aufgehäuften Materials versetzt, wo ich noch ziemlich halt- und rathlos zwischen der Masse verschiedener Stoffe herumtappe und mit Schrecken inne werde, daß ich in einer anderen Welt lebe, als welche die bunte, ungebundene Phantasie mir vorgespiegelt hatte. ||

Doch da sehe ich mit Schrecken, daß ich auf dem besten Wege bin, durch das überwältigende Gefühl der Nichtbefriedigung das mich jetzt beherrscht, wieder in das alte düstere Gebiet des Weltschmerzes hinübergeführt werden, das ich doch längst für aufgegeben und unmöglich hielt, und auch wirklich ernstlich meiden will. Und um dem zu entgehen, weiß ich kein besseres Mittel, als zu Dir, mein bestes Herz, zu flüchten, was ich für um so nöthiger halted, als ein guter, vielleicht sogar der größte Theil dieser Mißstimmung auf Rechnung der erneuten Trennung von Dir zu schieben ist, und bei genauerem Zusehen sich vielleicht findet, daß unter dem wissenschaftlichen Kummer ein gut Theil Lebenssehnsucht versteckt ist. Aber von dieser darf ich Dir ja auch leider nicht sprechen, da ich, Quinckes allerhöchstem Specialbefehl zu Folge, durchaus keine aufregenden Gemüthsäußerungen in meinen Briefen laut werden lassen darf und mich auf die Beschreibung von Krebsen und dergl. beschränken soll. Also will ich Dir rasch nur noch verstohlener weise die Neuigkeit ins Ohr flüstern, daß Du mein guter Engel bist, der mich mit seiner reichen reichen Liebe aus dem Abgrund der Selbstverachtung retten muß, dem ich jetzt wieder zur Beute zu werden drohe.

Ja, bester Schatz, wenn ich Dich nicht hätte, würde ich jetzt vielleicht mehr als je geneigt sein, der holden Erdensonne den Rücken zuzukehren. Da die Wissenschaft, der ich früher ausschließlich leben wollte, mir jetzt nicht mehr diese Befriedigung gewährt, bist Du mir jetzt einzig und allein der Gegenstand, der mir noch das Leben lieb und lebenswerth erscheinen läßt, und mit Deinem Leben steht und fällt das meine. Freilich soll ich dies nicht sagen, aber Du fühlst es auch ohne diese Worte, was Du mir bist und wie ich nur in Dir lebe. Dieses Bewußtsein und das ernste Streben, in Deinem Besitze mein irdisches Glück zu erreichen, muß mir jetzt Muth und Kraft zu der neu beginnenden Arbeitsperiode geben, und Dein liebes Bild muß mein Leitstern auf dem dunkeln Pfade sein. Doch nun genug hiervon, liebster Schatz. Höre, wie mir die Zeit seit Deiner Abreise vergangen ist. ||

Nach dem letzten, lieben Kuß und Lebewohl, dessen Händedruck einen dickbäuchigen Constabler noch sehr erzürnte, begleitete ich Heinrich und Karl noch ein Stückchen. Dann ging ich zu Graff, um nach Deinen Photographien zu sehen. Die erste ist schlecht, dagegen die zweite sehr gut ausgefallen, so daß ich davon 3 Exemplare bestellt habe. Das reizende kleine Frauenzimmer sitzt so fest auf ihrem Stuhl, mit so imponirendem Character und einem so strickigen Schalk in den muntern Zügen, daß ich mich gar nicht davon trennen konnte. Auch die Haltung des Strickstrumpfs ist sehr gut ausgefallen und bezeichnet diee gute Hausfrau in spe vortrefflich. Es ist ein zu herziges Ding! Wer mag nur der Glückliche sein, dem dies kleine Prachtstück angehört? Kannst Du mirs nicht sagen?? –

Von Graff aus ging ich zu Hrn. Zenker, um Gegenvisite zu machen, den ich aber nicht traf. Zu Haus angekommen, fand ich eine Einladung, Abends mit den Aquarellen zu Hrn. Peters zu kommen. Den Tag über machte ich die dritte Radiolarientafel fertig, die recht hübsch ausgefallen ist. Um 5 machte ich Visite beim alten Kuehne und dann bei der Fr. Kortuem, welche sehr lieb war und sich sehr über meine Erzählungen freute. Abends bei Peters fand ich eine höchst gelehrte Professoren-Gesellschaft, unter der ich mich etwas beklommen und nicht sehr heimisch fühlte. Es waren da: Proff. Braun, Beyrich, Lepsius, Gerhard, Rose, Poggendorf, Ehrenberg, Du Bois, Kaup aus Darmstadt, Dr. Ewald und der Preußische Consul Rosen aus Jerusalem. Meine Aquarelle ernteten großen Beifall, besonders die 2 aus dem Butera Garten und von Girgenti.

Indeß lassen mich diese Lobsprüche jetzt immer schon ziemlich kalt und es wird mir fast langweilig, ewig dieselben Sachen zu expliciren. Besonders nahm mich Frau Peters in Anspruch. Die Gesellschaft war im Übrigen so steif und kalt, wie es einer echten Versammlung Berliner Professoren geziemt, wo z. B. bittere Feinde, wie Ehrenberg und Du Bois, bei Tisch neben einander sitzen müssen. Peters war sehr liebenswürdig und that sein Möglichstes, meine Verdienste in helles Licht zu stellen. Natürlich mußte ich auch von Sicilien viel erzählen. ||

Sonntag Nachmittag.

Da bin ich wieder, mein bestes Herz, und fahre fort mit Dir zu plaudern. Heute früh habe ich mein Visitenherz sehr erleichtert. Ich war zuerst bei Hr. v. Doernberg, dann bei Liermann, welcher sehr nett war, und mit mir in italischen Erinnerungen schwelgte. Er hatte grade ein großes Bild vollendet, das Stammschloß der Magyavischen Fürsten Hunyadi in Ungarn, ein Nationalheiligthum, das jetzt von den Östreichern in einen Hochofen umgewandelt wird. Sehr passend dazu hatte er zur Beleuchtung ein letztes vereinzeltes Streiflicht der untergehenden Sonne gewählt. f Liermann wird mich nächstens besuchen, um alle Schätze in Augenschein zu nehmen. Unterwegs begegnete mir Virchow, der ausnehmend freundlich war und mich ein Stück begleitete. Er behauptete, ich sähe jetzt blonder aus als je und hätte wohl die Absicht, den deutschen Typus in reinster Ausprägung zu verewigen! Ob er dabei auch an meine blauäugige Blondine dachte? – Er freute sich zu hören, daß ich auch nach Coburg ging, um etwas die schwarzrothgoldene Fahne des Nationalvereins zu tragen. Vom Ende der Friedrichsstr. wanderte ich nach dem der Commandantenstr, um Ernst Weiss zu besuchen, den ich aus Mangel an Zeit – oder vielmehr, da meine ärztliche Praxis mich bisher täglich zu Besuchen am Hafenplatz N. 4 nöthigte, bis jetzt noch gar nicht besucht hatte. Von da in das Arbeitshaus auf dem Alexanderplatz, um Hr. v. Chamisso zu besuchen, der aber verreist war. So kam ich erst um 2 Uhr nach Haus, wo ich einsamlichst mein Mittagbrod verzehrt habe, da die Eltern um 8 Uhr früh nach Potsdam gefahren sind und erst am Abend wieder kommen. Meine Gedanken wanderten nach Ems, wo sie jetzt eigentlich den ganzen Tag zu finden sind. Auch mußte ich viel an den 17ten April 1858 denken, wo ich an derselben Stelle ein so reizendes Diner à quatre mains genoß; natürlich eilte da der ungeduldige Sinn auch nach Jena voraus, wo ich hoffentlich nicht allzulange allein zu speisen brauche. ||

Montag früh.

Soweit war ich gestern gekommen, mein liebster Schatz, als ich wieder Muellers Biographie ergriff, um Dir noch etwas davon zu schreiben und dann den Brief noch vor 5 Uhr in den Kasten zu werfen, damit Du ihn heute hättest.

Allein als ich erst wieder eine Seite in dem wunderbaren Buch gelesen, verwickelte ich mich aufs neue so darin, daß ich nicht wieder los kam und den ganzen Nachmittag und Abend darin weiter gelesen habe. Es ist eigentlich das erste Buch, das ich seit 1½ Jahren wieder lese und ich konnte wohl zu diesem neuen Anfang meines hiesigen Arbeitslebens kein passenders finden, keins, das mich durch seinen Stoff mächtiger angezogen und erregt hätte. Jede Seite hat theils eine Reihe alter, schlummernder Ideen neu geweckt, theils einen ganzen Schwarm neuer erregt, welche ich suchen werde, lebendig zu erhalten und thätig fortwirken zu lassen. Wie sehr mich die Schrift anfangs überwältigt und deprimirt hatte, werden Dir die ersten Seiten dieses Briefes sagen. Fast fürchte ich, darin zu sehr meiner Schwäche und meinem Hange zur völligen Resignation bei Betrachtung unerreichbar großer Beispiele nachgegeben zu haben, und schäme mich heute ordentlich ein wenig, Dich vielleicht durch das Geständniß dieser Schwäche betrübt zu haben. Gestern hat mich nun das weitere Lesen und Durchdenken der in ihrer Art einzigen Biographie wieder etwas ermuthigt und namentlich der Gedanke getröstet, daß den meisten meiner zu jugendlichen Fachgenossen eigentlich ähnlich zu Muthe sein muß, wenn sie so ehrlich gegen sich sind, wie ich. Es wäre thöricht den Maaßstab eines seltenen Sternes erster Größe, wie Müller, an all das mittelmäßige Arbeitervolk unter das auch ich gehöre, zu legen. Besonders hat es mich getröstet, daß auch Du Bois diese in ihrer Art einzige Größe Müllers hervorhebt, vor der alle andern schwinden. ||

Du Bois sagt: „Es liegt in der Massenhaftigkeit von Muellers Schoepfungen, wenn man, wie unwillkürlich jeder thut, seine eigenen „sieben Sachen“ damit vergleicht, etwas so Erdrückendes, daß man sich gern nach seiner Art zu arbeiten erkundigt, in der geheimen Hoffnung, auf irgend einen Umstand zu stoßen, der ihm besonders günstig gewesen sei. Aber man entdeckt nichts der Art; sondern neben den Naturgaben, durch die er eben mehr vermochte als andere, neben einem riesigen Arbeitsvermögen, einem erstaunlichen Gedächtniß, einer wunderbaren Spürkraft und einem schlagend richtigen Urtheil, nur einen eisernen Fleiß, der mit äußerster Entsagung jeden freien Augenblick zu Rathe hielt. – Es würde um seine Arbeiten schlimm bestellt gewesen sein, hätte er nicht wie wenige die Kunst verstanden und geübt, auch den „Goldstaub der Zeit“ zu nutzen.“ – Das ist sehr richtig; aber just von dieser Kunst verstehe ich gar nichts, und vertrödele und verspiele so viele kostbare Intervalle, daß ich in dieser Beziehung wirklich ein ganz neues Leben anfangen muß. Dazu will ich jetzt in den Trennungsmonaten mich eifrig einüben; denn wenn ich erst wieder in den Zauberkreis Deiner unwiderstehlichen Nähe, meine reizende Circe, gebannt bin, werden diese, wie viele andere ernste Vorsätze, ein Spiel des Windes. Also jetzt, jetzt! muß ich mich durchaus ermannen und kräftigst zusammen nehmen, und in dieser Hinsicht freue ich mich sehr auf Freienwalde, wo ich ganz ungetheilt der einen Arbeit werde leben können. Ist nur erst der schwere Entschluß und der erste Anfang überwunden, so wird es schon gehen. Aber ehe ich so recht im Zug bin, das dauert eine ganze Weile und das Gesetzt der Trägheit, das mein Körper kaum kennt, übt leider auf meinen Geist einen großen Einfluß. Hierin kann ich mir sehr Deine rasche leicht entschiedene Thatkraft zum Muster nehmen und Deine männliche Energie in der Ausführung. || Vielleicht amüsirt es Dich noch zu hören (ohne daß du deßhalb, wie Mutter, entzückt zu sein brauchst) daß mein Name schließlich von Du Bois auch als einer von denjenigen genannt wird, die die glückliche Wirkung Müllers auf seine Schüler bezeichnen.

Wie sehr solche Erwähnung sonst meiner Eitelkeit schmeicheln könnte, kann ich sie doch jetzt um so weniger anerkennen, als die dazu nöthigen Leistungen noch nicht vorhanden sind. – Die ganze Characteristik Müllers ist übrigens ausgezeichnet und muß es sein bei dem außerordentlichen Fleiß und der glänzenden Darstellungsgabe, die Du Bois auf diese Arbeit fast 1½ Jahre hindurch verwandt hat. Er hat dazu den ganzen ungeheuren Berg von Muellers Schriften durchgearbeitet, von deren Umfang man sich einen Begriff macht, wenn man die Durchschnittsrechnung liest, daß Müller von seinem 19t. Jahre an (1821), volle 37 Jahre lang, alle 7 Wochen eine wissenschaftliche Arbeit von 3½ Druckbogen mit etwa 1⅓ Figurentafel publizirt habe!! Und das Alles, Alles klassische Arbeiten voll neuer, ruhmvoll errungener Thatsachen. Vor solcher Leistung muß sich auch der stolzeste demüthigen! Was mich am meisten mit interessirt hat, ist die Darstellung des tief tragischen Moments das in Müllers Leben, wie in dem jedes großen Mannes seine Schattenrolle spielt. Besonders ist hier der Zug tief innerlich verborgener Schwermuth hervorzuheben, eines unbefriedigten Strebens nach dem Unendlichen, das auch am glücklich erreichten Ziele der rastlosesten Thätigkeit den aufrichtigen Forscher nie verlassen kann. Müller hatte das vorgesteckte Ziel nicht allein erreicht, sondern war vielleicht mehr, als die meisten andern Genies, darüber hinaus gedrungen und hatte seine Bestimmung in weiteren Kreisen erfüllt, als er gewiß je angestrebt! Und dennoch konnte auch ihn jener Fluch der Menschennatur nicht verschonen. ||

Montag Nachmittag.

Vergeblich habe ich heut auf einen Brief gehofft, lieber Schatz, und will nun doch lieber diesen abschicken, damit Du nicht gar zu ungeduldig wirst. Ich kann Dir nun zugleich die frohe Nachricht melden daß Georg Reimer das Radiolarienwerk definitiv übernommen hat und 30 Tafeln bewilligen wird. Ich war heut bei ihm. Das Stechen der Tafeln wird wohl über 1 Jahr dauern. Ich bin sehr froh, nun sicher zu sein, meine Schätze los zu werden.

– Die alten waren gestern in Potsdam und fanden Tante Bertha sehr gut. Bertha Pine, die einen sehr heftigen Muskel- und Gelenk-Rheumatismus hatte, hat die schlimmste Gefahr überstanden, ist aber noch sehr krank. || Samstag Nachmittag traf ich, als ich mit Schneider etwas im Thiergarten ging, Heinrich, Karl und Bernhard Petersen, welcher auch schön grüßen läßt und heut weiter gereist ist, um sich seine Oberförsterei anzusehen, in die er schon am 1. Juli einziehen soll. Er hat nun die definitive Anstelllung.

– Die beiden Alten lassen herzlichst grüßen und mit mir dringenst bitten, Dich recht sehr in Acht zu nehmen. Auch Frau Kortüm läßt Dir dies sagen und Dich besonders bitten, Dich vorsichtig warm zu kleiden. Dein Erni läßt Dich noch besonders eindringlichst bitten, einmal ausnahmsweise vernünftig zu sein und Dich 5 Wochen gründlich zu langweilen. Hoffentlich erhalte ich morgen bestimmt einen Brief. Vergiß nicht mir die Adresse zu schreiben. Deinen nächsten adressire noch hierher. Mit 1000 Gruß und Kuß Dein treuer Erni. Schönen Gruß an Mutter.

i Wahrscheinlich reise ich Freitag nach Thürigen. Da h muß ich Donnerstag noch einen Brief schreiben.

a korr. aus: niederschlagte; b gestr.: enthe; c gestr.: ba; d korr. aus: halten; e korr. aus: den; f gestr.: Vom; g gestr. argen; h gestr.: ich; i weiter am Rand v. S. 10: Wahrscheinlich reise…Brief schreiben.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
11.06.1860
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38301
ID
38301