Ernst Haeckel an Agnes Haeckel, Jena, 21. Juli 1871

Jena 21. Juli 71.

Mein liebstes Röschen!

Dein letzter Brief hat mich durch die Nachricht von Eurem Unwohlsein gar nicht erfreut. Hoffentlich ist die Erkältung nun vorüber und Du kannst wieder ordentlich baden. Ich denke, es soll Dir recht gut bekommen, wenn Du erst ununterbrochen ein paar Wochen fortfährst. Mamachen hat hoffentlich auch ihre Schmerzen wieder verloren.

Von uns kann ich Dir nur Gutes melden. Die beiden Würmerchen sind sehr munter. Walter ist allerliebst, stets lustig und tollt den ganzen Tag im Garten herum. Die kleine Lisbeth auch ganz frisch; ihre Wärterin, die Ex- Amme, ist jetzt viel artiger und gefügiger. Mein gehöriges Donnerwetter hat ordentlich geholfen. ||

Da ich eben sehe, daß ich auf Schultzes Verlobungs- Anzeige geschrieben habe, kann ich hier nur die Versicherung hinzufügen daß die kleine Agnes Huschke mit Herrn Prof. Dr. Haeckel nun schon seit bald vier Jahren verheirathet ist, und daß er seinem Freunde Schultze gratuliren wird, wenn er mit seiner Freiin von, zu und auf Egloffstein den „Kampf ums Dasein“ – d.h. die Herrschaft im Hause – besser bestehen wird, als der obige Adressat. Dieser ist gänzlich besiegt und thut Alles, was seine kleine Frau will! Einen „Paradies- Salon“ hat er jetzt ihr eingerichtet, welcher unbedingt || das reizendste Wohnzimmer in Jena ist. Röschen soll mal staunen, wenn sie es sieht! Heute ersta nach 14tägiger Arbeit ist es fertig geworden.

[Drucktext der Verlobungsanzeige:]

meine Verlobung Auguste Freiin von und zu

Egloffstein, Tochter des wirklichen Geheimrath und Appellations-

gerichts- Präsident Freiherr von und zu Egloffstein, beehre ich mich

hierdurch anzuzeigen.

Jena, den 28. Juni 1871.

Professor Dr. B. S. Schultze,

Geheimer Hofrath.

[Briefanschluss:]

um nun nochmals auf den glücklichen Bräutigam zurückzukommen, so ist er mehr in Eisenach als in Jena.

Frau Gegenbaur ist jetzt sehr schwerfällig und verläßt ihren Palast nicht mehr.

Vorigen Sonntag aß ich bei ihnen zu Mittag. Dienstag war ich bei Strasburgers, wo ich natürlich wieder hungrig von Tische aufstand und bei Huschkes Abends desto mehr aß! ||

Beifolgend sende ich Dir außer den gewünschten Zeitungen auch einige kleine Broschüren mit, deren Lectüre Dich vielleicht unterhalten wird.

Auf Wunsch können noch mehr folgen.

Morgen werde ich mit Carlo zu Müllers wandeln, um unserm Pathchen am freien Tauf- Jahrestage (22.) das übliche Geschenk zu überreichen. Ich habe einen Becher genommen, Carlo ein Besteck (als Treppen- Pathe).

Vorigen Montag Abend war ich bei Gerhard, mit einem Copenhagener Professor Panum zusammen. – Gestern und heute hat mir eine liebliche Cousine von Euch – eine Kapellmeister X. aus Weimar – das Leben sauer gemacht, ein schrecklich süßliches und geziert geistreiches Geschöpf.

– Herzlichste Grüße, mein Röschen,

von Deinem treuen Ernst

a Dittographie für: erst;

Brief Metadaten

ID
37578
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
21.07.1871
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,2 x 22,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 37578
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Haeckel, Agnes; Jena; 21.07.1871; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_37578