Jena 9 Aug 71
Mein liebes Röschen!
Dein lieber, gestern erhaltener und schon seit mehreren Tagen erwarteter Brief hat mich durch die Nachricht, daß Dir doch das Bad bekommt, sehr erfreut, und besonders durch die Hoffnung, Dich nun bald wieder zu sehen; ich habe schreckliche Sehnsucht nach Dir, du liebstes Herz!
Also Sonnabend über 8 Tage!
Immer noch 11 Tage Geduld!
Übrigens ist mir dieser Tage etwas eingefallen. Wie wäre es, wenn icha nach Apolda mit Walter und Minna käme, und wir gleich weiter nach Berlin reisten? Wir würden erstens die doppelte Fahrerei nach Apolda hin und her sparen. ||
Zweitens würdest Du nicht so bald wieder aus Deiner neu eingerichteten Häuslichkeit herausgerissen.
Sonst müssen wir doch in 2, spätestens 3 Wochen nach Deiner Rückkehr die Berliner Reise antreten.
Auch wegen der Amme wäre es einfacher, wenn wir gleich jetzt reisten.
Kurz, vernünftiger wäre dieser Vorschlag.
Ich kann mir aber sehr denken, daß Dein Gefühl sich dagegen sträuben wird und will daher nicht zureden.
Von uns ist nur Gutes zu berichten. Die Kinder sind beide sehr munter.
Ich habe wieder außerordentlich in Gesellschaft geschwärmt:
Sontag Mittag bei Seebecks (mit Böhtlinks b Panzers und Hildebrandts). ||
Montag Abend bei Kuno zu einem großen Garten- Zauberfest: 70 Personen! 20 tanzende Paare!!
Freund Dohrn ist fort, auf Nimmerwiedersehen und ohne Abschied zu nehmen!
An Kuno hat er noch einen sehr groben Brief geschrieben. Auch seine Sachen gehen nach Neapel, so daß er Jena definitiv aufgegeben hat. Mit der Professur wird es Nichts. Glückliche Reise!
Im nächsten Monat giebt es hier 3 Hochzeiten: Schultze, Naumann, Abbe!
An die gute Mamma herzliche Grüße. Schließt das Bad recht gut ab und kommt beide ganz gesund wieder! Ich kann die Zeit kaum erwarten.
Von ganzem Herzen Dein
sehnsüchtiger lieber Ernst.
a korr. aus: wir; b gestr.: und;