Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [ohne Ort, nach dem 4. Mai 1884]
Mein lieber Ernst!
Von Herzen danke ich Dir für Deine Mittheilungen über die Festlichkeiten, die Du bei der Einweihung der neuen Institute gehabt hast: ist es doch noch der einzige Lichtpunkt in meinem Alter, wenn ich mich an dem Wohlergehn meiner Kinder mich erfreue und da danke ich Dir von ganzer Seele, daß Du mir immer mittheilst, was Dir zu Theil wird, und freue ich mich immer, daß Dir im Ganzen doch ein glückliches Loos zu Theil geworden ist; Du hast viel gearbeitet, aber auch Früchte gesehn. || Auch danke ich Dir für Deine liebevolle Aufforderung: den Sommer Euch zu besuchen, erkenne ich darin doch Deine Liebe, die mich ja immer beglückt; aber, mein lieber Ernst, so gerne ich auch mit Dir, Agnes und den Kindern zusammen sein möchte, so muß ich mich doch in dem, was einmal nicht anders sein kann finden. Die Uhr ist abgelaufen, auf der Lebenslampe fehlt das Oehl. Ich fühle es zu deutlich, daß ich auf dem verzichten muß, was in den Jahren und bei den || geschwächten Kräften nicht geht. Mir wird es so schwer, daß ich nicht noch einmal mit Euch Lieben in dem schönen Daheim, daß Ihr Euch gegründet habt sein kann. Nun wenn ich nur immer hörea, daß Ihr, Lieben gesund und zufrieden darin seid und dankbar das Gute geniesset was Euch Gott gegeben. Ich freue mich, wenn ich höre, daß es Euch gut geht, und muß mich damit begnügen, daß Ihr, Lieben, mich hier besucht, ich kann nicht mehr reisen. ||
Morgen will Bertha mit Agnes Sack zu mir kommen letztere wird Morgen Abend wieder nach Berlin zurück; Bertha bis Sonntag Abend hier bleiben. Bertha war in der letzten Zeit öfter unwohl, sie wird deshalb schon bald nach Münster am Stein reisen. –
Sei mit Frau und Kinder aufs herzlichste gegrüßt von Deiner alten Mutter, die mit Liebe täglich bei Euch ist. – Behalte lieb Deine Dich so innig liebende Lotte Häckel.
a korr. aus: hörtt