Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 9. – 11. August 1877

Potsdam 9/8 77

Von meinen lieben Kindern in Jena höre und sehe ich ja gar nichts, da ist das alte Mutterherz oft voll Kummer. Ist es Dir nicht möglich, nur mit ein paar Worten zu sagen, wie es Euch geht, so würde wohl Agnes oder Walter ein paar Zeilen schreiben. Da ich aber gar nichts höre, so fürchte ich, daß einer von Euch krank ist, und habe immer Sorge ob Du, mein Herzens Ernst! Dich auch überarbeitet hast, zumal Du doch || glaubtest im August mehr Ruhe zu haben, und mir dann schreiben wolltest; nun haben wir heute schon den 9ten und ich höre nichts von Euch; und bin doch im Geiste immer mit Euch beschäftigt; und thue tausend Fragen an Euch, als: was machen nur meine Jenenser Kinder? sind sie gesund und was treiben sie? wann wirst Du, mein lieber Ernst nach München gehn? reist Agnes mit? wann wirst Du || dort den Vortrag halten? ist Dir dazu ein festes Thema bestimmt? oder wählst Du Dir selbst den Text dafür? worüber wirst Du sprechen? Siehst Du, mein lieber Junge, das muß Deine alte Mutter alles wissen; theilt sich doch so gerne alles mit Dir, was Du geistig treibst. –In der letzten Zeit bin ich auch viel mit Dir beschäftigt gewesen, ich habe nämlich das große Buch über Italien, was Du mir zur Ansicht geschickt hast, || ganz durchgelesen, und mich für alles interessiert, wo Du gewesen bist, und worüber Du geschrieben hast, heute war ich beim Schluß des Buches mit Dir in Sicilien und auf dem Etna. Ist es Dir recht so schicke ich Dir das Buch jetzt zurück ehe ich umziehe; hast Du auch sonst was? das ich Dir mitschicken könnte, ich dachte eine Kiste als Fracht zu schicken und zum Buche die Decken mitzupacken, die ich für Deine beiden Töchter gearbeitet habe. Das kann doch auch in Deiner Abwesenheit nach Jena kommen. ||

Potsdam 11/8 77.

Mein lieber Ernst!

Seit mehreren Tagen liegt schon dies Schreibsel an Dich bereit, und ich bin immer nicht zu Ende gekommen, nun soll es doch noch heute weg, um Dir zu morgen Sonntaga einen Herzensgruß Deiner alten Mutter zu bringen. Ich werde morgen eine Sonntagsfreude haben: Bertha und Adelheid Sethe haben sich zu Mittag angemeldet mit den 4 Kindern von Theodor Bleek, die jetzt in Berlin sind wärend ihre Eltern in Marienbad sind. Auch erwart-||te ich morgen Schwester Bertha, und Karls Kinder habe ich dazu gebeten. Karl wird wohl nach einer heute an die Kinder gerichteten Kartte, morgen heimkehren, es wäre hübsch, wenn er schon mittags bei uns wäre. –

Von den Fragen, die ich an Dich gestellt ist mir eine durch die National Zeitung beantworttet, die sagt, daß das Fest des 50jährigen Bestehens der Naturforschenden Gesellschaft in München am 24sten September anfange, also später als ich dachte; wirst Du || daher noch vorher zu mir kommen, das wäre ja sehr nett, überleg Dir das mal; kommt Agnes mit, so ist es uns so besser. – – –

Grüsse Agnes und die Kinder herzlich von mir. Gott behüte Dich und Dein Haus!

Behalte lieb

Deine

alte Mutter

Lotte.

a eingef.: Sonntag

Brief Metadaten

ID
36738
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
11.08.1877
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
7
Umfang Blätter
4
Format
14,0 x 21,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36738
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte an Haeckel, Ernst; Potsdam; 11.08.1877; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_36738