Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 1. Dezember 1875
Potsdam 1/12 75
Mein lieber Ernst!
Herzlichen Dank für Deine lieben Zeilen! wie sehr freute ich mich, daß Ihr, Lieben, gesund seid. Gott behüte Euch ferner, besonders bei dieser strengen Kälte; an die wir uns alle erst gewöhnen müssen, nehmt die Kinder nur recht in Acht, besonders klein Emma, die scheint mir doch die zarteste zu sein. –
Deine Frau schreibt mir Du habest eine Streitschrift vom Stapel gelassen, das muß gut sein, wenn es nicht anders sein kann, ich wünsche nur sehnlich, daß Du die Feder nicht || zu tief in Galle getaukt [!] hast. Das würde Dir mehr schaden als Deinen Gegnern und Deiner Wissenschaft nützt es auch nicht. Wer durch seinen Beruf veranlaßt wird, in’s öffentliche Leben zu treten, der muß auch lernen: Lob wie Tadel mit Gleichmuth zu ertragen und vom Tadel kann er mehr Nutzen haben als vom Lob.
Es thut mir leid, daß die Messer und Gabeln hier nicht umgetauscht werden können, weil das ganze Geschäft aufgelöst ist. || Wie Clara mir sagt, hätten die Sachen das Henkelsche Geschäftszeichen. Wenn das der Fall ist und Ihr es sehr wünscht, will ich versuchen ob Henkel in Berlin es umtauscht, dann muß ich aber bitten genau anzugeben, was Ihr dafür wünscht und mir die Sachen so zu schicken, daß ich sie bis zum 14ten December hier habe, ich denke dann nach Berlin zu gehn; natürlich dürfen die Sachen nicht schon gebraucht sein. ||
Sei mit Deiner lieben Frau und den Kindern aufs herzlichste gegrüßt. Eben kommt Marie um bei mir an der Weihnachtsarbeit für ihre Mutter zu nähen. Karl und Clara wollen heute Abend bei mir Thee trinken, wie schön wenn Ernst und Agnes das auch könnten. Behaltet lieb Euere alte
Mutter.