Potsdam 23/3 75.
Lieber Herzens Ernst!
Du hast mich herzlich erfreut durch Deinen heute erhaltenen Brief; den ich auch gleich an Agnes geschickt habe. Meine Gedanken sind so viel bei Dir, und ich freue mich, daß es Dir bis jetzt gut geht, und Du Dich frisch und wohl fühlst. Gott geleite Dich weiter, daß Du gesund zu uns heimkehrst. Deine liebe Frau hat mir treulich Deine Briefe geschickt, und ich freue mich, daß sie mit den Kindern gesund ist. Karl ist mit Frau und Kindern auch wohl und so hätte ich Dir hätte ich Dir aus meinem stillen Lebenskreis nichts zu berichten. Am 14ten dieses Monaths wurde Heinnrich || konformiert, es war eine schöne Feier. So wächst eines nach dem andern heran. – Bertha war dazu hier. – Charfreitag denken wir zum Abendmahl zu gehn. –
Da Deine Frau Dir gewiß fleissig Nachricht giebt, so würde ich Dir nicht schreiben, aber heute muß ich Dir doch sagen, wenn Du in Gedanken Deine alte Mutter aufsuchen willst, daß Du sie nicht in der Schackstraße Nummer 30. findest; In der Breitenstraße Nummer 4 an der Ecke der Kietzstraße wurde unerwarttet eine Wohnung frei, die wir am vorigen Freitag gemiethet haben. Da ich || mitten in der Wäsche war, gab es viel Trubel. Den Kindern und Enkeln näher zu sein, bestimmte mich die Wohnung zu nehmen, obgleich ich risquirte ½ Jahr doppelte Wohnungen zu bezahlen. Nun hat sich gestern unerwarttet meine jetzige Wohnung vermiethet zum 1sten Aprill. Das ist mir wohl sehr lieb, aber es drängt sich so viel zusammen, daß ich nicht weiß, wie noch alles werden soll; es hielt auch so schwer Leute zu bekommen, nach vieler Mühe sind mir nun zum Sonnabend welche versprochen, und so muß ich schon dann ziehen, Du kannst denken in welcher Unruh ich bin, und daß ich nicht fähig bin, || einen vernünftigen Brief zu schreiben. Ich mußte Dir aber doch sagen, wo Du Deine alte bei der Heimkehr auffinden mußt. Grüsse Deine Reisegefährten herzlich von mir.
Gott beschütze Dich, und geleite Dich glücklich zurück. Behalte lieb
Deine
alte Mutter
Lotte Häckel.