Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 3. März 1875

Potsdam 3/3 75.

Lieber Herzens Ernst!

So leid es mir auch ist, daß Krankheit Ursache ist des Aufschub Deiner Reise, so ist es mir doch der Kälte wegen lieb: Dich daheim zu wissen. Ich hoffe nur, daß Du bald ganz besser bist, und, wenn Du noch reist auf besseres Wetter triffst. Ich bitte Dich dringend, mein lieber Ernst, sei recht vorsichtig, versorge Dich mit warmen Kleidern. Nach den Zeitungen ist ja auch in Südeuropa dieses Jahr große Kälte: Nimm ja Pelz- oder Filzstiefel mit; denke wie kalt in Italien der Fußboden ist. || Wenn Du noch reist, so grüsse Gegenbauer herzlich von mir. Hierbei schicke ich Dir noch 2 Brief, die mir grade sehr gefallen haben, zurück, damit Du sie zu denen legst, die ich Dir neulich schickte.

Da die Bonbon Dir gut thun schicke ich Dir heute wieder welche, nimm Dir auch davon welche mit auf diea Reise; vor allem aber eine Flasche Ungarwein, ich denke bei der Kälte thut der gut. Hast Du keinen mehr, dann schreibe schnell, ich kann Dir dann gleich noch schicken, ich habe für Dich noch 14 Flaschen im Keller, freilich ist jetzt keine günstige Jahreszeit, || aber eine Flasche kann man gut eingepackt schon auf der Post wagen. –

Am Sonnabend ist Frau von Schenk gestorben, heute wird die Leiche nach Berlin gebracht, wo sie ein Erbbegräbniß haben. Frau von Schenk ist zwar 85 Jahr alt geworden, und ich sahe sie jetzt selten, sie ging seit Jahren nicht mehr aus, und ich konnte auch nur selten den weiten Weg machen; aber ich verliehre an Sie eine treue Seele. So wird mein Leben immer einsamer. In den ersten Jahren meiner Ehe lebte ich viel mit Schenks, Bassewitz und Jakobis; alles ist jetzt ausgestorben. Die Jacobie und Schenk sind sich so rasch gefolgt. – ||

Eben habe ich eine Karte von Bertha bekommen, darnach denkt sie Freitag oder Sonnabend Abend in Berlin einzutreffen, ich werde sie also Sonntag sehn, ich sehne mich sehr danach. – –

Die gewünschten Hemden mache ich Dir mit Freuden, später wird mir dann Agnes wohl eins zur Probe schicken, wie Du es gerne haben willst. Ich habe schon mit Clara am Sonntag davon gesprochen, daß ich mir in Schlesien Leinwand bestellen wollte, müßte aber erst anfragen ob Du Nacht- oder Taghemden wolltest, Du würdest wohl welche bedürfen. –

Gott behüte Dich, mein Herzens Sohn, und Dein Haus. – Behalte lieb Deine

alte Mutter Lotte.

a irrtüml.: der

Brief Metadaten

ID
36634
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
03.03.1875
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,3 x 22,3 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36634
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte an Haeckel, Ernst; Potsdam; 03.03.1875; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_36634