Charlotte Haeckel an Ernst und Agnes Haeckel, Potsdam, 24. – 26. Dezember 1874

Potsdam 24/12 74

Mein herzlieber Ernst und Dir liebe Agnes!

Tausend Dank für die große Freude, die Ihr mir durch die eben erhaltene Photographie gemacht. Als ich den großen Brief erhielt, ahndete ich wohl was er enthielt, und wie ergriff es mich als ich in die liebe, treuen Augen sah, mit jedem einzelnen mußte ich sprechen, und wenn auch die Sehnsucht Thränen auspreßt, so ist doch der Dank überwiegend für das Gute, was mir Gott in und durch Euch gegeben. Gott behüte und erhalte Euch, und gebe Euch soviel Freude an Eueren Kindern als ich an den meinigen habe. ||

26/12

Vorgestern Mittag kamen auch die Bücher an; Vielen Dank auch dafür. Nur gut, daß die Photographie nicht dabei war, denn die Umhüllung war gänzlich zerrissen; auch die Bücher tragen einige zum Glück nicht große Verwüstungen davon. Ist denn meine leichte Kiste gut angekommen?

Hoffentlich habt Ihr, Lieben, das Weihnachtsfest heiter und gesund erlebt, und ich höre dann bald Gutes von Euch. Hier war alles gesund und vergnügt; || bei Karl war aufgebaut und Tante Bertha war auch hier, und ist bis gestern Abend bei uns geblieben, zu Mittag waren wir gestern auch bei Karl; von dort fuhr Bertha nach Berlin. Morgen wird die hiesige und berliner Familie bei Bertha zu Mittag sein. Damit schliessen die Feiertage.

Von Fritz Lampert kam auch die Weihnachtsstolle, und da ich weiß, daß Du gerne Mohnsemmel ißt, so habe ich für Dich ein Stückchen abgeschnitten, was hierbei folgt. Da benutze || ich die Gelegenheit: ein Geschirr mitzusenden, was ich Agnes für die Kinder bestimmt hatte, und was neulich nicht mit konnte. Auch lege ich Schleiermachers Predigten über den christlichen Hausstand bei, die mir sehr lieb sind, und ich wünsche sehr, daß Du und Agnes sie lesen möchten. Wenn Ihr auch nicht zur Kirche gehn wollt oder könnt, so wird doch ab und zua wohl eine Stunde sich finden, wo der Geist ernst sich sammelt und an was Höheres denkt. || Das ist mir immer so besonders lieb an Schleiermachers Predigten gewesen, daß er immer dahin führt, wie bei Erfüllung unseres irdischen Berufs, wir doch immer eingedenk sein sollen, des höheren Lebens. –

Ich will Dein Buch: die Entwickelungsgeschichte verschenken, und frage nun bei Dir an ob ich es durch Dich wohlfeiler Beziehen kann? || und kann es dann von Herrn Engelmann direkt versendet werden, aber so daß Du die Auslage bezahlen kannst? Dann schreibe es mir, ich schicke Dir dann die bestimmte Adresse. Kostetet es aber gleich viel, so entnehme ich es hier einer Buchhandlung. Bitte gieb mir bald darüber Antwort. || Aus Bonn hatte ich heute einen Brief; es geht langsam aber doch etwas besser. –

Wie ist es nun denkst Du noch Deine Reise zu machen? und wann? Kommst Du vorher noch zu mir?? –

Grüsse Deine liebe Schwiegermutter herzlich von mir. Dich grüßt mit Frau und Kinder auf’s innigste

Deine

alte Mutter.

Wenn Ihr auch keinen Honigkuchen wollt, so schicke ich Dir doch ein paar Deskaer mit, die hast Du ja immer gern gegessen.

a irrtüml.: sich

Brief Metadaten

ID
36618
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
26.12.1874
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
8
Umfang Blätter
4
Format
14,4 x 22,2 cm; 12,5 x 20,5 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36618
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte an Haeckel, Ernst; Potsdam; 26.12.1874; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_36618