Berlin 13/12 71.
Lieber Ernst!
kam von Kampfmeier einen [!] Stoß Bücher mit beifolgenden Zettel, auf dem ich vieles verzeichnet finde, was wir haben: so Lessings Werke, ich glaube auch Steffens 4 Norweger, Chamisos Gedichte etc etc. Die Bücher sind orndlich verpackt, soll ich sie Dir schicken? oder soll es bleiben bist Du herkommst? ich denke Du suchst Dir dann auch von Vaters Büchern welche aus; wenn Du hier bist will ich mit Dir und Karl alles besprechen. – Für mich ist nun die Wohnung fest gemiethet, ich denke sie wird passend sein, || wenn auch klein, so kann ich doch Dich mit Frau und Kinder aufnehmen, und das ist mir so lieb. – Wenn es einmal Gottes Wille ist, daß ich noch leben muß; so ist der Glanzpunkt doch davon; mit meinen Kindern und Enkeln zu sammen sein zu können. –
Donnerstag Gestern Abend wurde aus meinem Schreiben nichts, da häusliche Störung kam; nun will ich eilen, daß Du diese Zeilen bekommst, wenn Du etwa über das Packet Bücher verfügen willst. Heute sah ich in der Zeitung, || daß ein Professor Schulz aus Bonn nach Leipzig kommt, ist das Dein Freund Max Schulz? Vorgestern war ich bei Bertha zu Mittag, aber ungeachtet ich gefahren bin, ist mein Fuß doch wieder schlimm geworden, so habe ich mir wieder Hausarrest aufgelegt. Nach Potsdam bin ich auch nicht gewesen, nach den letzten Nachrichten soll es besser gehn; der kleine Julius war erkältet, aber sonst munter; in diesem Winter wird dort viel gegiegt; nun wenn nur unser Karl erst wieder ganz gut sein wird. – ||
Julius und Quinke waren in Dortmund, es soll ja mit der Westphalia gut gehn; ein neuer Aufsichtsrath ist gewählt. Hoffentlich bist Du mit Frau und Kinder gesund, grüsse sie herzlich, Karl nicht zu vergessen. Behalte lieb
Deine
alte Mutter
Lotte.