Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 23. – 24. Oktober 1868

Berlin d. 23sten

October 1868.

Mein lieber Ernst!

Am Montag wirst Du den Geburtstag Deiner lieben Frau feiern, und dazu wünsche ich auch Dir von Herzen Glück. Wohl haben wir Ursache: Gott zu danken, daß sie alles so glücklich überstanden hat; möge es ihr ferner gut geht [!], und sie sich immer mehr kräftigen, daß sie sich recht von Herzen ihres Mutterglücks freuen kann. – ||

Meinen noch am Dinstag Abend so flüchtig geschriebenen Brief hast Du hoffentlich erhalten, worin ich Dir mittheilte, daß Karl nun doch die Stelle in Potsdam erhalten hat; er war Mittwoch nach Potsdam, um eine Wohnung zu suchen, und gestern wieder mit Bertha dort, und hat eine am Brauhausberg gemiethet; allerdings sehr theuer, aber a wir waren doch alle dafür; die Wohnung ist leer || durch Versetzung eines Eisenbahnbeamten, und er kann sie zum 1sten December, wo er sein neues Amt antreten muß beziehen. Gott gebe daß es für alle gut ist. Karl hat auch den kleinen Karl wohl gefunden. Da liegt nun wieder eine bewegte Zeit vor uns, ich denke während des Umzugs werden wohl von den Kindern welche bei uns sein; Tante Bertha will umziehen helfen, das ist mir || sehr lieb, da ich doch nicht von Vater weg kann. – –

Fast immer, wenn ich Dir geschrieben habe, ist mir nachher noch allerlei eingefallen, was ich vergessen hatte; daher will ich nur gleich schreiben, was mir einfällt: 1) Du hast noch immer nicht bestimmt, was ich mit dem Gelde machen soll, was Ihr noch bei mir gut habt. Nach der Euch schon früher gemachten Berechnung habt Ihr noch über 124 Thaler zu verfügen. Du schriebst mir damals: Du wolltest || noch was schicken, das ich damit anlegen soll. Da nun nichts gekommen ist, so hast Du wohl anders bestimmt. –

Sonnabend früh. Eben erhalte ich Deinen Brief, wofür ich herzlich danke. Sehr freue ich mich, daß es Euch gut geht; Du mußt Dich nicht wundern, daß Agnes sich noch angegriffen fühlt, sie kann sich erst erholen, wenn die ersten 6 Wochen vorüber sind, und alles in Ordnung ist; hat sie mehr Bewegung im Hause, und muß sich tummeln dann wird ihr wohler || werden, sie mag sich nur zusammen nehmen und besonders die Brust warm halten, daß sie sich nicht erkältet. Freilich wird sie viel zu thun haben 2 Mädchen zugleich anzuleiten, und doch ist es gewiß sehr heilsam für alle, das es endlich so kommt; denn so wie es jetzt war, konnte ja Agnes gar nicht zum frohen Bewußtsein kommen, ihren Beruf als Hausfrau zu erfüllen; nun kann sie ja die Mädchen gleich so anleiten, wie || es ihr lieb ist, und ihr ganzes Hauswesen so leiten, wie sie will. Aber so wenig, ich mich auf irgend eine Weise in Euere Wirthschaft mischen mögte, so will ich Euch doch dringend bitten, Euch nun nicht wieder erbitten zu lassen; Ihr kommt wahrlich nicht in orndliches häusliches Behagen bis mal Schicht gemacht wird. Von Herzen wünsche ich, daß Ihr orndliche Mädchen bekommen mögt; habt Ihr schon Aussicht dazu? – –

In beifolgendes Kistchen ist mein bescheidenes || Geburtstags Geschenk für Agnes; ich schicke es schon heute ab, da ich nicht weiß, ob Sonntags Packete angenommen werden; Ihr könnt es ja auspacken wann Ihr wollt, nur wünsche ich, daß Du dabei bist, Du weißt ja, daß auch aus dem Kleinsten die Liebe sprechen kann, der Brief für Agnes liegt unter dem blauen Pappier. – [Briefschluss fehlt]

a gestr.: ich

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
24.10.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36385
ID
36385