Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin], 12. – 13. Januar 1869
Dienstag d. 12/1
Lieber Ernst!
Eben sehe ich in der ersten Beilage der heutigen Nationalzeitung Nummer 17 Anzeige von Auszahlung der Zinsen des Lugau-Niederwürschnitzer Steinkohlenbau-Verein. Da ich fast glaube unter den Pappieren Deiner Frau ist ein solches, so mache ich Dich darauf aufmerksam, wenn Du es übersehn hast. –
Mittwoch: Heute früh erhielt ich Deinen lieben Brief, lieber Ernst, und freue mich herzlich, daß es Euch so wohl geht. Gott erhalte euch ferner so; Du mußt aber nicht || wieder zu angestrengt auf dem Museum arbeiten; täglich mußt Du etwas in die frische Luft gehn, auch mit der Frau spazieren gehn. – Daß Ihr mit dem Wein zufrieden seid freut mich; das Faß laß nur fürs erste im Keller liegen später werde ich Dir die Adresse schicken, dann kann es zurückgehn; ich will dann für Karl Wein drin schicken lassen. –
Ist denn von Gütersloh nichts an Euch gekommen? Seit beihna [!] 14 Tagen habe || ich unseres erhalten; und dabei gleich das für Dich und Karl bezahlt. Wenn Du nichts bekommen hast, so laß doch mal in Apolda auf dem Bahnhof anfragen: ob für Dich da was liegt, es ist 1 Schinken in Leinewand genäht und in einem Korb 10 lb Wurst; dies ist so westphälische Mettwurst; die muß 2 Stunden kochen, wenn Agnes sie noch nicht kennt. –
Du schreibst: Du habest ein Diplom als Mit-||glied der Naturforscher erhalten, sagst aber nicht woher: etwa aus Berlin? – –
Vater hat sich wohl im Ganzen etwas erholt; jetzt hat er großes Verlangen mal nach Potsdam zu sehn, wie Karl wohnt; Quincke hat es auch erlaubt, und so werden wir wohl morgen früh um 10 Uhr hinfahren, und ich denke Nachmittags um 5 Uhr fahren || wir wieder heim. Die Leinwand habe ich heute gleich an Marie Reimer geschickt. –
Ist die Kiste von hier angekommen? auch die Rolle an das Museum? Du hast nichts davon geschrieben. –
Wenn die Sachen von Gütersloh ganz ausbleiben, so muß man doch Erkundigung einziehen. –
Sei mit Deiner lieben Frau und Kindchen aufs herzlichste gegrüßt von Deiner
alten Mutter
Lotte.