BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT.
LEIPZIG, 10.5.1898.
Herrn Prof. Dr. E. Haeckel, Jena.
Lieber Papa
Es ist mir wirklich eine grosse Erleichterung, dass Du nun selbst die übergrosse Figurenfülle mancher Tafeln zu den „Kunstformen der Natur“ fühlst und diesen Übelstand auf den künftigen Tafeln vermeiden willst. ||
Bei den meisten der hier befindlichen Tafeln können wir uns ja dadurch helfen, dass wir einzelne Figuren in etwas kleinerem Maßstab lithographieren, ohne dass ihre Details deshalb undeutlich würden. Aber auf der Tafel Calcispongiae, die ich Dir hiermit schicke, musst Du selbst eingreifen. Am besten wäre es, Du streichest die Nummern 4, 5, 6, 7, 8, 10 und vielleicht auch 15 ganz und gar. Man wird sie um so weniger vermissen, als sie durchaus keine schönen Formen || sind und das Publikum womöglich noch irre machen an der Bestimmung des Buches. Denn darüber waren wir doch neulich schon einig, dass der – um mich kurz auszudrücken – „entwicklungsgeschichtliche“ Nebenzweck des Buches nur so weit zum Ausdruck kommen darf, als er den „ästhetischen“ Hauptzweck des Buches nicht beeinträchtigt. Das heisst: Entwicklungsgeschichtliche (und sonstige) Darstellungen im Bild sollen nur insofern gegeben werden als sie zugleich schön || sind. Die Schönheit der Natur ist der Gesichtspunkt, dem sich in diesem Buch Alles Übrige unterordnen muss.
Du wirst das Richtige gleich herausfühlen, wenn Du Dir die Tafel Calcispongien noch einmal ansiehst. Schick sie mir bitte nach geschehener „Entlastung“ bald wieder, damit Herr Hillius bei der Arbeit an ihr bleibt.
Herzlichen Gruss
Dein Hans.
Lisbeth schreibt morgen. Sie ist a mit ihrem Magen in Unordnung gerathen und wird mich vielleicht Himmelfahrt allein nach Jena gehen lassen, um später mit Else etwas länger zu Euch zu kommen. Gruss an Mama.
a gestr.: morgen