Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 2. Januar 1893

Potsdam II Januar 1893.

Lieber Bruder!

du erhältst anbei die gewünschten 1500. Mk. Brauchst du. gg. Ende März noch Geld, so schreibe es mir bald. Ich treffe danach die Einrichtung. Jetzt habe ich für dich noch c. 700 Mk in der Creditbank.

Zu der neuen Hypothek bei Tischler Budie habe ich 10.000. Mk Papiere verkauft, das übrige hatte ich noch Hiera baar. Dann hatte aber nochb Frau Wittchow. 1300 Mk. auf ihre Hypothek abgezahlt und ich habe sie (als Abschlagszahlung von 33.3000 Mk.) angenommen, weil es grad paßte.

Bei der Abrechnung habe ich endlich deine Geschenke an mich bzw die Kinder zum 20 Spt. und zu Weihn. eintragen können. Ich habe als mein Geburtstagsgeschenk mir dich selbst, d. h. den Überzug und die Bortenprägung an deiner Gipsbüste und die Säule, auf der sie steht ( worüber ich vom Tischler erst jetzt die Rechnung erlangen konnte; sie beträgt 25,50.M.) geschenkt: zusammen 40, 50 Mk u. zu Weihnachten für das Diner u. den Theaterbesuch einiger der Kinder im Ganzen rund 50 Mk. verwendet. Mit herzl. Dank! ||

Hier habe ich seit die Kinder fort sind (sie sind alle trotz erheblicher Kälte an den Reisetagen (2t -3t Januar) glücklich an den Bestimmungsort gelangt.); mehr Ruhe im Hause, aber manche, zum Theil unerquikliche Gefühle (in Hypoth. Sachen für Dich) gehabt, da der Unverstand der Laien oft großartig ist. Sie wollen Rechtsgeschäfte gern selbst, ohne Notar oder Gericht, abmachen und nachher paßt es nicht. Doch ist jetzt alles geordnet; man muß den Leuten dann als Jurist helfen und das thue ich doch wieder gern.

In diesen Tagen ist Familienzusammenkunft c in der Wolff’schen und Große’schen Familie; Heute feiern d der Onkel und Tante von Traudchen Eltze, Landgerichts Rath Pietsch’s ihre silberne Hochzeit, ich will jetzt zur Gratulation und Nachm. zum großen Diner auf dem Bahnhof. Morgen ist Leni Große’s Geburtstag; wir werden den Abend dort sein. Ich schenke ihr einen Hamsterkasten (kleine True). – M. Staepel ist vorgestern gestorben, nachdem er, weil Brand in dem einen Bein, sich kurz vorher einer Operation, Abnehmen des Beins, unterwerfen mußte. Er ist von langem Leiden erlöst. Ich verliere in ihm einen alten, getreuen Freund, mit dem ich früher hier in Klipschule war || eine durch und durch brave und noble Natur bei manchen herben Äußerlichkeiten. Er hatte eine Tante von Hermann Lisco’s Frau, zur Ehe; sie ist seit 1877 kurz vor Clara’s Tode ins Irrenhaus nach Zehlendorf gekommen und überlebt unheilbar, den Manne

Mit Gruß dein treuer Bruder.f ||

P. 2/1 93. Abds

Die schönen u. unruhigen Tage der Festzeit sind nun vorüber. Hermann ist heute Mittag mit den 3 Kindern (die hier allgemein wegen ihres netten Wesens und guter Aufführung gefallen haben) u. soeben Georg u. Ernst mit demselben Caßeler Zuge abgereist. Julius bleibt noch allein von den großen Söhnen. Ich werde mich zu derg Frühjahrsreise durch sprachliche, geographische u. geschichtliche Studien rüsten und hoffe u. wünsche, daß weder häusliche Zustände noch Krieg oder Cholera mir einen Strich durch die Rechnung machen werden. Die Kinder freuen sich sehr über dies Geschenk, das Du mir gemacht.

Das Geldgeschenk habe ich zum Familientafeln am 25 v. M. und einigen Theaterbillets verwendet. ||

Bei uns ist jetzt nach vielem Schwanken strammer Winter, was übrigens ganz in der Ordnung ist.

Mit viel Grüßen zum neuen Jahre

Dein treuer Bruder

Karl

a eingef.: hier; b korr. aus: nachher; c gestr.: bei; d eingef.: feiern; e Text weiter am Rand von S. 2: eine durch und...unheilbar, den Mann; f weiter am Rand von S. 1: Mit Gruß … Bruder.; g korr. aus.: dem;

Brief Metadaten

ID
35336
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
02.01.1893
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
21,8 cm x 14 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35336
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 02.01.1893; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35336