Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 28. Dezember 1890

Potsdam

den 28 December 1890

Lieber Bruder!

Heute nur einige kurze flüchtige Zeilen. Denn wir haben in der eben vergangenen Woche so unruhig gelebt, daß ich zu keinem ruhigen Briefschreiben gekommen bin. Erst heute früh habe ich von deinen „Planktonstudien“ für deren Uebermachung ich Dir bestens danke, die mich besonders interessirenden Abschnitte, die „histor. Erläuterungen“, und die „eigenen Plankton Studien“ – so wie die letzten Seiten der Methoden (Abschnitt VI) gelesen, worin Du dem Hensen in üblicherweise den Kopf wäschst. Vielleicht haben Deine Studien doch den Erfolg, daß die splendide Ausstattung der Expedition des „National“ ein andres Mal || ergiebiger verwerthet wird.

Für Dein Weihnachts Geschenk besten Dank. Ich habe es gewissenhaft für die hier in diesen Tagen weilenden Esser, für einen Schlittenausflug der „Hühner Familie“ und durch Abgabe eines Theils an die 3 auswärtigen Söhne in (Karlsruhe, Meisdorf und Gernrode) verwendet u. Alles dankt Dir dafür.

Nimm von mir dagegen das bescheidene Knabberpaketchen (die bei unseres lieben Altern so beliebt gewesenen „Deskaer“) an u. wenn Du es noch nicht hast die „Erinnerungen an Italien“ von Frl. Hase, die Dir Heinz in meinem Namen || überreichen wird. Du kannst damit wohl manche selbst erlebte Stunde Dir ins Gedächtniß zurückrufen. Ich sende dasselbe Buch an L. Mulder, der mit Gonne anfangs Januar nach Italien geht.

– Deinem Wunsch in der Postkarte gemäß sende ich Dir rund 2000 Mk des zum 1 Januar sich sammelnden Bestandes und bitte um Empfangsbekenntniß.

Von den Meisdorfern, bei denen mein Ernst zum Feste war (er arbeitet jetzt in Baumschnitt in Coethen u. geht später nach Quedlinburg) habe ich gute Nachricht. ||

Mit herzlichen Weihnachtsfestgruß an Dich und all die Deinen

Dein treuer Bruder

C. Haeckel

P.S. Hier herrscht viel Sterblichkeit unter den älteren Leuten: Heute gehe ich zum Begräbniß von Fr. Professor Hartnack, die der Himmel von einem Krebsleiden erlöst hat. Der Mann wird ihr leider wohl bald in Folge derselben Krankheit nachfolgen.

Die schreckliche Klaue dieser Zeilen rührt von den -10° her, die ich noch vor meinem Fenster habe. Die Hände sind mir in der warmen Stube klamm!

Brief Metadaten

ID
35260
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
28.12.1890
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,3 x 22,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35260
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 28.12.1890; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35260