Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 1. Dezember 1890

Potsdam d. 1 Decbr | 1890.

Lieber Bruder!

Aus der Jenaer Zeitung vom 27st Novbr., die mir heute ein College gab ersah ich die Details über die arge unerwartete Heimsuchung Eures Saalthals und speziell dera Jenaer Umgegend von der ungewöhnlichen Winterwasserfluth. Wir haben uns rasch resolvirt und ich habe einen abgelegten Winterüberzieher mit noch einigen Kleidungsstücken alsbald an Herrn Kaufmann Roehr-Camsdorf gesandt, um auch meinerseits etwas für die Nothleidenden zu thun. Das ist ja ganz schlimm gewesen, wohl auch dadurch noch schlimmer, dass die Ueberschwemmung sich so mitten in der Nacht einstellte. Nun, Ihr || auf eurem Bergabhang habt wohl keinen Schaden oder Angst gehabt. Aber wie haben sich die Wasser in der Tiefe aufgeführt? Ist die chirurgische Klinik u. überhaupt der an dem Mühlthal(?) Wasser so heißt es wohl! –b sich hinziehende Stadttheil verschont geblieben? Ist das Wasser, das Euch vom Institut trennt, nicht auch wild geworden?

Bitte gieb mir hierüber u. über Heinz, dem ich für seinen letzten Brief danke, einige Nachricht. Eventuell mag Heinz selbst schreiben.

Mir geht es mit der Ischias wieder leidlich; ich bin seit 19 November wieder in gewohnter Gerichts Thätigkeit, muß mich aber vor Ueberanstrengung u. Kälte || noch in Acht nehmen. Das hier recht kalte Wetter ist seit 2 Tagen wieder abgeschlagen. Mich erinnert die Wassersnoth mit darauf folgendem starken Frost recht an ähnliche Witterungs-Kalamität in Merseburg zu Anfang der 40er Jahre, als die ganze Aue überschwemmt war, die Verbindung auf dem Neumarkt mit Kähnen hergestellt werden mußte, und dann das ganze gestaute Wasser in Folge plötzlichen Umschlags in starken Frost ausfror, so daß es in großen Stücken auf dem Neumarkt zusammen u. weggefahren werden mußte! – erinnerst Du Dich dessen?

Nach der Zeitung sind ja auch verschiedene Menschenleben zu beklagen u. von Grundstücken namentlich das Insp. Maurer’sche arg mitgenommen. ||

Bitte schreibe mir doch von Euch und Heinz was. Nächsten Sonntag werde ich wohl bei Heinrich Sethe in Berlin sein.

Mit herzlichem Gruß

Dein treuer Bruder

C. Haeckel.

a eingef.: der; b eingef.: so heißt es wohl! –

Brief Metadaten

ID
35258
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
01.12.1890
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,5 x 22,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35258
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 01.12.1890; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35258