Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 4. Mai 1888

Potsdam 4 Mai 1888.

Lieber Bruder!

Du erhältst anbei die Abrechnung pro 1887/88. nebst einer nach dem Cours vom 31/3 circa zusammengestellten Uebersicht Deines von mir verwalteten Vermögens.

Zur Erläuterung bemerke ich, daß unter den „diversen Ausgaben“ die drei Posten sich befinden, welche auf Deine allgemeine Anweisung, im vorigen Herbst und Winter „uns etwas zu Gute zu thun“ verausgabt sind. Der Theaterbesuch war Dein Weihnachtsgeschenk. Habe nochmals herzlichen Dank dafür.

Mit Mutter geht es ja so leidlich. Sie ist täglich auf, hat sogar mit Wäsche etwas gekramt. Auf einen Mädchenwechsel, den ihr Tante Bertha u. ich wiederholt vorgeschlagen haben, will sie durchaus nicht eingehen. Weder ihr früheres Mädchen, Bertha Sommer, die sie 2 mal 1874/76 und 1880/83 gehabt hat und die jetzt disponibel ist, noch eine Andre || will sie. Ich schlug ihr gestern eine solche vor die zufällig Frl. Hensel in Halle, im v. Bassewitz’schen Hause, als zum 1 Juli vacant dringend empfohlen hat an Frau von Kessel, bei der ich gestern in anderen Angelegenheiten war. Aber Mutter will davon nichts wissen. Es geht ja mit der Stellvertreterin von Emma, der erheblich jüngeren Auguste Kanow, so leidlich, u. dieselbe giebt sich jetzt anscheinend viel Mühe. Das und die Scheu vor jedem Wechsel hat Mutter, der sie erst gar nicht angenehm war, völlig umgestimmt, u. sie ist darin so starr, daß nichts zu machen ist. Nun, wir müssen uns denn so durchschlagen. Bis vor circa 8 Tagen hat Marie etwa 4 Nächtea oben geschlafen. Jetzt nicht mehr. Die Nächte waren zuletzt besser, wenn auch noch dann und || wann eine Beängstigung eintrat.

Sonst von hier nichts Neues.

Das Frühjahrswetter ist recht wechselnd und hat mich manchmal mit Ischias-Stichen gemahnt. Meine Einquartirung ist gestern nach den Baracken abgerückt.

– – Eben sprach ich noch mit Marie. Sie hält mit mir das jetzigeb Mädchen von Mutter für entschieden unwahr u. traut ihr nicht. Ich auch nicht. Aber was ist da zu machen? Du könntest höchstens, in mildester Form Mutter bitten, bei vorkommenden Collisionen doch auf uns unten – auf die doch auch alle Mehrbelastung fällt, wenn das Mädchen oben nicht zuverlässig ist, − Rücksicht zu nehmen u. dem zuzustimmen, was wir für nöthig halten.

An ein Wiederkommen der Schwester, der Emma, glaube ich nicht. –

Mit herzlichem Gruß

Dein

treuer

Carl.

cMutter läßt schön grüßen u. dankt für Deinen Brief.

a gestr.: Tage; eingef.: Nächte; b korr. aus: jetzigen; c weiter am Rand v. S. 3: Mutter läßt schön…für Deinen Brief.

Brief Metadaten

ID
35218
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
04.05.1888
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,0 x 22,5 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35218
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 04.05.1888; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35218