Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 15. Februar 1888

Potsdam 15 Febr.

1888.

Liebster Bruder!

Zu Deinem Geburtstage nimm hiermit meinen herzlichen Glückwunsch hin. Ich muß nach Deinen letzten Zeilen annehmen, daß Du noch tief in den letzten Arbeiten für die Challenger-Berichte bist. Ich wünsche von Herzen, daß diese Arbeiten nun bald im neuen Lebensjahre ihre Endschaft erreichen mögen. Du wirst morgen Deine Lisbeth im häuslichen Kreise vermissen; möge sie recht frisch und munter zu letztern in denselben zurückkehren und mit den beiden anderen Kindern Euch ferner Freude machen.

Unsre liebe alte Mutter läßt Dir durch mich ihren || herzinnigen Glückwunsch sagen. Es kommt sie schwer an, nicht mehr selber schreiben zu können, und doch geht es nicht mehr.

Ihr Zustand ist unverändert, heute oder morgen werde ich mal wieder mit ihr die Papiere und Coupons zu ihrer Beruhigung durchgehen müssen, um sie zu beruhigen, daß „alles in Ordnung“ ist.

Die Kinder haben in letzter Zeit manche Vergnügungen gehabt, doch läßt der Gesellschaftssturm jetzt nach. Bei uns ist er überhaupt nicht so arg, wie bei vielen Anderen. Julius hat sich gestellt und ist wegen Gebirgshalses – zu großer Anschwellung der Schilddrüse – höherer Grad von Kropf – wovon er keine Ahnung hatte, || für gänzlich untauglich zum Militärdienst erachtet. Er hat nun noch im Sommer eine Superrevision durchzumachen. Beide Juristen haben das Tanzbein einige Male geschwungen. Mir geht es wie gewöhnlich. Einige Abgespanntheit nach mäßigerem Schlaf und einigen Schnupfen abgerechnet, gut. Man wird nicht jünger.

Tante Bertha ist leidlich munter, war neulich mit Marie im „Sommernachtstraum“!

Von Heinz habe ich lange nichts gehört. Existirt er noch? und wie? Wird er den Geburtstagskuchen von Marie verzehren können?a

Wie ist Dein Vortrag ausgefallen über die Orientreise? u. ist der Fuß wieder in Ordnung? Sonntag sollen wir bei Helene Jacobi zu Mittag sein. Mit herzlichen Grüßen an Gattin und Tochter, und den Glückwunsch meiner Kinder hinzufügend Dein treuer Bruder

Karl.

a mit Einfügungszeichen eingef.: Wird er den…Marie verzehren können?

Brief Metadaten

ID
35215
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
15.02.1888
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,0 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35215
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 15.02.1888; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35215