Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 13. Juli 1886

Potsdam

den 13 Juli 1886

1.)

Lieber Bruder!

In der letzten Zeit hat sich so mancherlei Unruhe – ein 3tägiger Ausflug nach Züllichau zur Gustav Adolph-Versammlung (28/6-1/7), und Mehrarbeit durch Vertretung von Herms, − welcher am 1 Juli auf 6 Wochen nach der Schweiz abgereist ist – daß ich zu keinem Schreiben kam.

Dein Brief zu Mutter’s Geburts-Tag hat diese selbst u. mich lebhaft interessirt. Ich kann mir denken, daß die Tage, wo Du mit Herrn von Ritter zusammen warst, sehr interessante (aber nicht auch strapaziöse?) waren.

Du willst nun Frau und Töchter nach Wildungen schicken? Ich kann Dir nur sagen, daß ich selbst den Brunnen wiederholt mit vielem Behagen u. gutem Erfolg getrunken habe. Aber über den Arzt kann ich Dir nichts sagen. Ich werde mich bei unserm Arzt darnach erkundigen und Dir dann || Nachricht geben. Ich weiß nur, daß es 3 Quellen in verschiedenen Händen dort giebt: 1) Georg-Victor

2) u. Helenenquelle der Wildunger Mineral-Quellen-Aktien-Gesellschaft und

3) Koenigsquelle unter Dr. Roerig stehend.

Ich habe von No 3 einmal, sonst immer Georg-Victor-Quelle genommen. Ein besonders theures Bad ist es, soviel ich weiß, nicht.

Daß Du selbst nach Heidelberg zum Fest gehst, freut mich. Sieh’ es für mich mit. Ich habe den Besuch desselben längst aufgegeben, da wir Ende Juli resp. Anfang August die Entbindung von Anna erwarten. Die Arme ist recht abgemagert u. von Kräften. Ich mag nicht eher auf Urlaub gehen, als bis ich weiß, wie es mit ihr geworden ist. ||

2.)

Mutter geht es, wie gewöhnlich. Sie dankt recht schön für Deinen Brief undwir für den Fischschmaus zu Ihrem Geburtstag, den Du uns bereitet hast mit delikatem Lachs. Dieser war erheblich billiger als ein gleiches Gericht Karpfen; deshalb nahm ihn Marie. – Hahn’s waren zua auch Mittagb da. Die Lotte macht ihnen viel Freude, und ist ihnen bei der sonst schweren Zeit eine rechte Erheiterung. Bei den Wannseern waren wir Sonntag, um Hermann’s Geburts Tag, der am 10t dieses Monats war, zu feiern. Julius kam dazu aus Berlin, Ernst von der Pfaueninsel, wo es ihm wohl gefällt. Georg ist gestern auf 10 Tage in’s Riesengebirge zu Schubert’s und seinem Freunde Korn; letztrer hat kürzlich den „Referendar“ bestanden u. ist in Schmiedeberg eingetreten; beide wollen eine Kammtour machen. Wenn sie || nur leidliches Wetter hätten! –

Curt Schubert ist auch in Hirschberg als Referendar und hat [sich vor] kurzem mit einer Lehrerstochter aus Ilefeld (weitläufigen Verwandten) verlobt.

Von Heinz hatte ich dieser Tage kurze Postkarte aus Bahia, wo er den 22 Juni angekommen war. Zwischen 10-14 August hofft er wieder in Bremen zu sein. Er ist entzückt von den Tropen.

Die 1000 M. lege ich Deinem Wunsche gemäß bei.

Mit herzlichen Grüßen

Dein

treuer Bruder.

NB Dieser Tage hat mir Heinrich Sethe den Erbrezeßentwurf geschickt. Wenn er von allen genehmigt ist, kommen wir endlich auseinander.

a gestr.: einen der letzten; eingef.: zu; b korr. aus: Mittage

Brief Metadaten

ID
35175
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
13.07.1886
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,9 x 21,9 cm; 12,6 x 19,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35175
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 13.07.1886; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35175