Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 21. September 1884

Potsdam

den 21 Sptbr 84.

Lieber Bruder!

Herzlichen Dank für Deine Geburtstagswünsche, die meinen näheren Mittheilungen über meine Rückreise zuvorkommen. (Oder habe ich Dir schon mit Mutter geschrieben?) Ich sprach in Halle bei Krukenberg’sa auch junge Juristen u. habe mich auch hier noch über Bonn, Leipzig, Berlin informirt. Ich bin noch nicht schlüssig, wohin ich Georg senden werde.

Heinrich ist erst gestern von Frankfurt gekommen und wird kaum vor 1 October, also nächsten Mittwoch, in Jena einspringen. Es ist ihm im Manöver recht gut gegangen u. er sieht gründlich verbrannt aus.

Mit Anna hat sich’s leichter entschieden, als ich dachte. Sie bleibt hier u. freut sich selbst auf das selbstständige Heim, das sich Richard nun wieder gründen wird. Wahrscheinlich || ziehen sie in die Bismarckstraße, Nähe des neuen Gartens. 1 Mädchen haben sie schon und suchen nun noch nach einer „Stütze der Hausfrau“. –

d. 23/9.

Die gedachte Wohnung ist gemiethet und eine passende „Stütze“ für Anna hat sich auch schon gefunden. Auch aus der Mädchenherberge sind sie heraus u. haben eines gemiethet. Zum 15 October (bis dahin soll noch ein Balkon an die Wohnung angebaut werden) denken sie einziehen zu können.

Denke Dir, dieser Tage bekomme ich von Berlin die Drucksachen zur Bildung eines Lokalkomités zur Förderung der zoologischen Station in Neapel zugesandt und heute fordert mich Herr von Achenbach, unser Ober-Präsident, zur Theilnahme an einer diesbezüglichen Conferenz auf. Ich habe, nach der mit Dir gehabten Unterredung abgelehnt. Du würdest mich sehr verbinden, wenn Du mir, falls ich zu näherer Auskunft über die || Gründe aufgefordert würde, in ruhiger objektiver Weise Dein abweisendes Urteil nochmals mittheiltest. Doch hoffe ich vorläufig b nicht in diese Lage zu kommen. Ich habe einfach angegeben, ich könne mich bei der Sache „mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Leiters der Station“ nicht betheiligen.

Am Sonntag haben wir den kleinen Carl in Wannsee mit taufen helfen. Es war nett und lief gut ab. Ich hatte zwar an diesem Tage eine kleine Ischias-Schmerzen-Anwandlung (Mahnung zur Vorsicht!), aber es ging gestern nach Einreiben schon vorüber.

Im Haus ist bei uns, der vielen Jungen wegen vieler Trubel. Ich komme nicht recht zur Ruhe. Wetter herrlich, wenn auch auf Tage, meist bedeckter Himmel.

Mit Gruß von an all’ die deinen

Dein treuer Bruder

C. Haeckel

a irrtüml.: Kruckenberg’s; b gestr.: angegeben

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
21.09.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35149
ID
35149