Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Landsberg an der Warthe, 24. Februar 1863
Landsberg a/W
den 24 Februar
1863.
Lieber Bruder!
Wenn ich auch erst spät mit der nachfolgenden Bitte komme, − ich hatte die Andern zuerst abgemacht, − so ist dieselbe doch nicht minder dringend und herzlich. Du sollst bei unserm Jüngsten an der am nächsten Sonnabend stattfindenden Taufe Pathe sein.
Gründe:
1.) Der Junge ist an einem Sonntage geboren, wie Du.
2.) Karl und ich weiß nicht wer noch, sprachen an demselben Tage davon, er müsse doch Ernst heißen.
3.) Vater schrieb Ähnliches.
4.) Der Skrupel, daß es dann 2 Ernste in der Familie giebt, ist überflüssig; giebt’s doch seit vorigen August 2 Annas. Dies Präjudiz zieht! –
5.) Im Uebrigen ist der Jenenser Professor, wenn auch ein politischer Durchgänger, doch ein so reputabler Onkel für || den Kleinen, daß man diesem nicht blos gerne einen so tüchtigen Pathen, sondern auch darnanch den Rufnamen geben kann. Ich denke mir, er wird Ernst Theodor Max heißen, Theodor nach dem neuen Bürgermeister und Bräutigam, Max nach Max Mollard, der auch Pathe stehen soll. Es wird eine Nachmittagstaufe, um 3 Uhr, Du kannst also um diese Zeit mit Deiner Anna recht nach Freienwalde denken. Deine Mitpathen werden sein:
Bertha Pine, Frl. Marie Kluge, Frl. Arend; Geheim Rath Burghart, Rechts Anwalt Bussenius, Onkel Fritz Lampert, Max Mollard, Assessor Herms. Du befindest Dich also in ganz guter Gemeinschaft.
Für Dich wird wohl irgendeiner der Vettern, oder Vater das Kind halten. Schade, daß Jena nicht näher liegt und Du dazu nichta herüberrutschen kannst.
Was sagt Ihr denn zur neuen Ver-||lobung? Früher hatte ich es mehr erwartet als jetzt. Die Aeltern werden morgen, zu Onkel Julius Geburtstag, dort sein. Sie kriegt einen braven netten Mann; bin nur begierig, wie sie sich in die Verhältnisse finden wird.
Deinem Bericht über die Geburtstagsfeier und Nachfeier habe ich heute erhalten und weiter an Mimmi geschickt. Ich glaube bei Euch ist das Klima doch bedeutend milder als hier. Wir haben auch viel schöne, aber doch dabei kalte Tage mit scharfen Winden gehabt. Unter den Bekanntschaften, die ich hier gefunden geht es doch vielen so wie mir: sie sehnen sich nach dem gemüthlicheren u. lieblicheren Thüringen! – Nun wohl Euch, daß Ihr dort seid. Genießt es froh u. lange. Wer weiß wo Ihr noch einmal hin verschlagen werdet!
Euer
Karl.
a eingef.: nicht