bei Bruxelles
UCCLE. AVÉNUE VANDERAEY, 82
TÉLÉPHONE 3855
20 Juni 1903.
Hochverehrter Herr Vetter,
Ich bin im Besitze Ihrer: „Kunstformen der Natur“ und kann Ihnen nicht genug sagen, wie diese Wunder mich beglücken.
Es schwindelt mir vor der Größe dieser Wunder! und Welches Glück müssen Sie empfinden und empfunden haben, in dieser Welt zu || leben!
Wie winzig klein, fühlt man sich daneben. – Ich sage Ihnen tausend Dank, daß Sie uns dieses Alles zur Anschauung geboten haben. –
Ungern falle ich Ihnen zur Last, aber ich kann kaum, anderwärts zum Titel, des Buches kommen, || das Sie mir in Jena unlängst zeigten. Es war das kleine Buch in welchem Sie uns le comperaison de l’Embryon de l’homme et des animaux, zeigten. Sie würden mich sehr verbinden wenn Sie mir geduldigst noch diesem Titel per carte postale schicken wollten. –
Seitdem Sethe todt und meine Kinder verheirathet sind, und ich bei Bruxelles sehr still auf dem Lande lebe, || lese ich ungemein viel und intereßire mich sehr (soweit es einer Frau möglich ist,) für wissenschaftliche Werke. So z.B. etwas Medicin und auch anatomie, aber Alles nur in ganz bescheidener Weise. – Mit Ihrem herrlichen Werke geht mir auch eine herrliche neue Welt, auf und in der großen Einsamkeit bin ich somita umgeben von prächtiger Gesellschaft. – Wenn Sie noch Titel von Büchern, von Ähnlichem (für das Hirn der Frauen?) kennen und mir aufschreiben wollen, wird Ihnen sehr dankbar sein, mit den herzlichsten Grüßen Ihre Sie hochverehrende
Cousine Louise Sethe
a eingef.: somit