Ernst Haeckel an Wilhelm Olbers Focke, Jena, 21. Januar 1907

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

Jena 21. Januar 1907.

Lieber alter Freund!

Hoffentlich treffen diese Zeilen noch rechtzeitig in Bremen ein, um Dir meinen herzlichsten Glückwunsch zu Deinem 50. Dr. Jubilaeum zu bringen; es muß in diesen Tagen sein, das Datum erinnere ich mich nicht mehr genau.

Das meinige fällt auf den 7. März; den dazu geplanten Feierlichkeiten werde ich durch eine Flucht nach meinem geliebten Italien (Anfang März) entgehen. Dagegen kann ich mich diesmal der Feier meines 73. Geburtstages (am 16.2.) nicht entziehen, da sie mit mehreren wichtigen Ereignissen zusammenfällt. ||

Ich werde an diesem Tage der Universität Jena ( – an der ich jetzt mein 92. Docenten-Semester beschließe – ) die Erträgnisse der „Ernst-Haeckel-Stiftung“ überreichen, die vor 13 Jahren (bei Gelegenheit meines 60. Geburtstages) von meinen Schülern gegründet wurde. Die bezügliche Sammlung ist neuerdings durch ansehnliche Geschenke (u. A. der Herzog v. Meiningen 20.000 Mk, die Carl-Zeiss-Stiftung 30.000, ich selbst ( – Honorar der 200 „Welträthsel“-Auflagen) 30.000 – so stattlich gewachsen, daß ich der Universität das hübsche Stifungs-Capital von 100 Tausend Mk übermitteln kann. ||

– Im Laufe der letzten 3 Wochen (seit Neujahr!) hat sich daraufhin der alte Plan definitiv fest stellen lassen, ein Phylogenetisches Museum zu gründen (gegenüber meinem jetzigen Zoologischen Institut.) Dasselbe wird die Hälfte vom Inhalt des letzteren aufnehmen, ferner meine Kunst-Sammlung (Bilder, Reise-Curiosa etc) und als öffentliche Schausammlung die Interessen und Ideen der Entwickelungslehre dem Publicum anschaulich vorführen. Die Geldsammlung dafür wird fortgesetzt (nach dem 16.2. öffentlich!).

Solltest Du unter Deinen reichen Bremer Kaufherren gelegentlich einen hochherzigena Maecen entdecken, der dieses eigenartige Unternehmen ( – mein letztes Werk! – ) durch Spenden fördern will, wäre das hocherfreulich. ||

Mir geht es diesen Winter ziemlich gut; eine Trinkkur in Wildungen hat die Folgen der Pyelitis (1905) ziemlich beseitigt; aber die Circulation wird mangelhaft, und das faule Herz (in Verbindung mit dem alten Rheuma) wird wohl dafür sorgen, daß ich bald durch eine jüngere Kraft ersetzt werde. In der Familie läßt die Gesundheit auch zu wünschen übrig.

– Da unsere alten Freunde Dreyer und Kottmeier auch demnächst (mit Dir zusammen?) ihr Doctor-Jubilaeum feiern, bitte ich, Ihnen meine herzlichen Glückwünsche und freundlichen Grüße mitzuteilen, ebenso Deiner lieben Frau.

In der Hoffnung, daß es Euch noch lange dauernd gut geht, bleibe ich in alter treuer Freundschaft

Dein Ernst Haeckel.

a gestr.: reichen, eingef.: hochherzigen

Brief Metadaten

ID
33345
Gattung
Brief ohne Umschlag
Institution von
Zoologisches Institut der Universität Jena
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
21.01.1907
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,3 x 21,1 cm
Besitzende Institution
SUUB Bremen, Abt. Handschriften und Rara
Signatur
Aut. X, 56 (19)
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Focke, Wilhelm Olbers; Jena; 21.01.1907; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_33345