Jena 10. December 1889.
Lieber Freund!
Darf ich Sie freundlichst bitten, mir umgehend per Postkarte kurz mitzutheilen, ob die bairischen Tische an der Zoologischen Station in Neapel von den einzelnen bairischen Universitäten bezahlt werden oder von der bairischen Regierung (resp. vom Landtag bewilligt). Dohrn hat kürzlich in Neapel unseren Weimarer Großherzog in s ein Netz gezogen u. behauptet, daß „Jena u. Rostock die einzigen deutschen Universitäten seien, die keinen festen Platz in Neapel hätten!“ || Es sei eine „nationale Ehrenpflicht“, daß Jena einen festen Tisch nehme u. dafür 2000 Mk zahle. Serenissimus ist entzückt von der Station, u. die Weimarer Regierung fragt nun mich, Fürbringer, und Müller um unsere Ansicht. Wir werden natürlich negativ antworten, was dem Curator auch sehr erwünscht ist. Einige Aufklärung über die Mieths-Verhältnisse etc. wäre mir aber sehr wünschenswerth. – ||
– Die beifolgende Einladung wird Ihnen anschaulich machen, mit welchen schweren Ballvater-Sorgen unsere muntere Tochter uns diesen Winter belastet!
Zu meinem großen Bedauern kam die Einladung, welche ich an Ihren Vetter Friedrich Hoffmann gerichtet hatte, gestern zurück, mit der Meldung, daß er Jena verlassen habe. Ich bedaure nun um so mehr, daß wir ihn im Sommer wegen der Krankheit meiner Frau nicht hatten bei uns sehen können! ||
– Walter scheint sich in München wohl zu fühlen und ist in einer als sehr gut gerühmten Zeichenschule (bei Knirr). Er wohnt vorläufig bei Frau Bazzan (Theresien-Str. 4, I. Hinterhaus). –
Ihre schönen Infusorien u. Rhizopoden Präparate, – für die ich nochmals herzlich danke! – haben im Curs mich u. meine Studenten sehr interessirt, ganz besonders Dr. Verworn.
– Hoffentlich ist bei Ihnen Alles wohl.
Mit herzlichen Grüßen v. Haus zu Haus
Ihr treuer
Ernst Haeckel