Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Richard Hertwig, Jena, 18. Juni 1899

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

JENA, DEN 18.6.1899

Lieber Freund und College!

Für Ihre freundliche Einladung, während meines Münchener Besuchs bei Ihnen zu wohnen, danke ich bestens. Es ist aber noch ganz ungewiß, ob und wann ich dieses Jahr nach München komme. Zur Naturforscher-Versammlung gehe ich überhaupt nicht mehr. Meine Gesundheit nimmt jetzt ab; ein langsam fortschreitendes Atherom der Arterien stört meine Circulation; auch die Abnahme des Gedächtnisses ist sehr fühlbar. ||

Meine Frau, die seit 4 Jahren an den Folgen einer schweren Influenza leidet, befand sich in diesem Frühjahr etwas besser. Leider hatte sie vor 3 Wochen ein Recidiv von Herzschwäche etc und liegt nun wieder zu Bett. Herbstpläne für die Ferien habe ich noch nicht aufstellen können.

– Heute erhielt ich die Besprechung meiner „Kunstformen“ durch Ihre Frl. Schwägerin; ich bitte ihr einstweilen meinen Dank zu sagen; ich werde ihr die beiden ersten Hefte demnächst schicken. ||

Mit herzlichem Dank nehme ich Ihr freundliches Anerbieten an, mir eine Auswahl schöner Fischschuppen aus Ihrer großen Sammlung zu schicken. Ich hatte bereits eine Tafel dafür im Programm vorgesehen (ebenso auch Vogelfedern).

Es freut mich sehr, daß Sie für Oskar’s Handbuch der Entwicklungslehre das wichtige Kapitel über das biogenetische Grundgesetz etc übernehmen. Ich würde es, wenn ich 10 Jahr jünger wäre, sehr gerne selbst geschrieben haben. Leider bin ich jetzt dazu ganz außer Stande. ||

Mit Bedauern hörte ich, daß Sie durch Krankheiten in Ihrer Familie wieder viel Sorgen hatten. Hoffentlich sind Alle inzwischen wieder hergestellt.

Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus

Ihr alter

E. Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.06.1899
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 33249
ID
33249