Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Richard Hertwig, Jena, 12. November 1905

Jena 12.11.1905.

Lieber Freund!

Für Ihren teilnehmenden Brief danke ich Ihnen herzlich. Es geht mir seit einigen Tagen etwas besser; ich bin seit einem halben Jahr in Rückbildung begriffen, wohl in Folge der starken Überarbeitung der letzten Jahre. Im Sommer litt ich lange an Rheumatismus und Herzstörung; eine starke (wohl zu energische) Kur in Baden-Baden, im September verschlimmerte den Zustand, statt ihn zu bessern. October lag ich gröstentheils zu Bett; jetzt bin ich stundenweis auf. Leider habe ich die Vorlesungen für dieses Semester (mein 90stes in Jena) ganz aufgeben müssen. Bis Neujahr (mindestens) habe ich Haus-Arrest. Ich leide viel an Schlaflosigkeit. || Glücklicher weise ist meine Frau, die mich treulich pflegt, jetzt ziemlich wohl, gesünder als seit vielen Jahren. Da mir absolute Ruhe als erste Bedingung einer eventuellen Genesung vorgeschrieben ist, habe ich auf alle wissenschaftliche Arbeit definitiv verzichtet. Ich lese viel, male und ordne meine Papiere und Lebenserinnerungen, sowie die Correspondenz.

Es freut mich zu hören, daß es Ihnen und Ihrer Familie gut geht, und daß Sie schönen Erfolg haben. Besten Dank auch für Ihre letzten Arbeiten. Von mir werden Sie wohl nichts Brauchbares mehr erhalten. Beifolgende Kleinigkeit (Biologie in Jena) ist Fragment geblieben.

Mit besten Grüßen von Haus zu Haus

Ihr alter Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
12.11.1905
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 33243
ID
33243